Kammermusik-Matinee 1: Es war einmal
Kleine Ensembles, ganz individuell: Die von den Orchester-Musiker*innen zusammengestellten Programme bieten Schmuckstücke der Kammermusik sowie Neuentdeckungen, Raritäten und besondere Arrangements.
Mozart machte den Anfang, und seither sorgte die Klangkombination Klarinette, Bratsche und Klavier in allen Epochen für Faszination. Aus dem reichhaltigen Angebot hatten die NDR Radiophilharmonie-Mitglieder Susanne Geuer und Carlos Campos Medina Werke von Robert Schumann und Jean Françaix ausgewählt. Dazu die Bearbeitung eines Brahms-Liedes. Und natürlich durfte das Vorbild für diese Besetzung, Mozarts "Kegelstatt-Trio", nicht fehlen.
Ein exzellenter Wurf: Mozarts "Kegelstatt-Trio"
Ob dieses Stück, wie die Legende behauptet, tatsächlich beim Kegeln entstand? Denkbar ist es, zumal die innovative Instrumentenkombination auf freundschaftliche Bande zum Klarinettisten Anton Stadler und der Pianistin Franziska von Jacquin verweist; Wolfgang Amadeus Mozart selbst spielte ja bekanntlich Bratsche. Und auch sonst ist das Es-Dur-Trio ein sehr persönliches Werk: ungewöhnlich in der Satzfolge, durchzogen von schmerzlicher Heiterkeit und vor allem ein Gespräch auf Augenhöhe, mit drei absolut gleichberechtigten Partner*innen.
Schumann und Brahms gesungen auf der Klarinette
Befand sich die Klarinette zu Mozarts Zeit noch im Entwicklungsstadium, wurde sie in der Romantik zu einem der meist gebrauchten Instrumente überhaupt. Ihren "sprechenden" Charakter machte sich Robert Schumann in seinen "Märchenerzählungen" zunutze: Vier poetische Stücke ohne Worte, für die er dieselbe Besetzung wie Mozart wählte. So passt es auch hervorragend ins Bild, dass im Arrangement des Liedes "Gestillte Sehnsucht" von Johannes Brahms, original für Alt, Bratsche und Klavier, die Klarinette die Rolle der Sängerin übernimmt.
Gute-Laune-Musik: das Klarinettentrio von Françaix
Jean Françaix war einer der großen Verehrer Mozarts. Sein Trio in der "Kegelstatt"-Besetzung greift viele Qualitäten des klassischen Vorbilds auf: Transparenz, Humor, Melodienreichtum. In fünf äußerst farbig gestalteten Sätzen lässt er Jazz, Tango und Walzer aufblitzen, immer wieder von Melancholie und Sehnsucht durchwirkt. Das Finale, ein Kabinettstück musikalischer Gute-Laune-Gesten, hat eine derart jugendliche Ausstrahlung, dass man kaum glauben mag, wie alt der Komponist bereits war: 80 Jahre nämlich!