IMF: Alan Gilbert & Leif Ove Andsnes
Französische Sinnlichkeit im Rahmen des Internationalen Musikfests Hamburg: Konzerte mit Alan Gilbert, Leif Ove Andsnes und dem NDR Elbphilharmonie Orchester am 8., 9. und 11. Mai in der Elbphilharmonie.
Französische Raffinesse?
Ist es bloß ein Klischee, wenn man der französischen Musik eine besondere Raffinesse unterstellt? Oder steckt da doch mehr als nur ein Körnchen Wahrheit drin? Eine spannende Frage. Die begleitet Alan Gilbert und das NDR Elbphilharmonie Orchester, wenn sie zusammen mit Leif Ove Andsnes im Rahmen des Internationalen Musikfests Hamburg einen Ausflug nach Frankreich unternehmen. Mit drei visionären Werken, die nur selten den Weg in den Konzertsaal finden und das Musikfest-Motto "Zukunft" auf individuelle Weise beleuchten.
Debussy: Schwärmerei und Farbsinn
Claude Debussys Fantasie für Klavier und Orchester, entstanden in den Jahren 1889 bis 1890, ist ein wenig bekanntes Stück, das einerseits noch in der klassisch-romantischen Tradition des Solokonzerts wurzelt, andererseits aber schon den ganz eigenen "zukünftigen" Duft Debussys verströmt. Gleich der erste Auftritt des Klaviers vereint romantische Schwärmerei mit dem für Debussy so typischen Farbsinn; die Arpeggien im Flügel beschwören ein Bild von rauschendem Wasser. Im langsamen Satz inszeniert der Komponist eine Art Nachtstimmung und verschleiert die Konturen kunstvoll, indem er verschiedene Rhythmen überlagert. Ja, das klingt äußerst raffiniert. Sicher auch unter den Händen des norwegischen Pianisten Leif Ove Andsnes, der in vielen Stilen zuhause ist.
Lust am Kontrast: Franck und Dutilleux
César Franck gibt sich in seinen formal originellen "Variations symphoniques" kantiger, er konfrontiert punktierte Unisoni der Streicher mit einem verträumten Gesang des Klaviers. Das erinnert teilweise an die Kontrastlust im Schaffen von Beethoven, da sind wir eher in Wien oder Bonn als in Paris. Aber mit Henri Dutilleux' Zweiter Sinfonie kehrt das Programm wieder zur französischen Sinnlichkeit zurück. Kaum ein anderer Komponist des 20. Jahrhunderts hat so lange und so langwierig an den Sounds und Farben getüftelt wie der 1916 geborene und 2013 verstorbene Henri Dutilleux.
In seiner Zweiten Sinfonie mischt er diese Farben mit zwei Klangkörpern, weshalb das Stück auch den Beinamen "Le Double" trägt: Das groß besetzte Hauptorchester trifft auf ein zwölfköpfiges Ensemble, das im Halbrund vor dem Dirigentenpult positioniert ist. Diese beiden Formationen reagieren aufeinander, sie tauschen sich aus, spielen sich Echos zu. Ganz schön raffiniert, dieser Klangzauber. Und sehr französisch.