Stand: 28.03.2017 12:00 Uhr

Nachgefragt: Komponist Vito Žuraj

Der Komponist Vito Žuraj im Portrait. © Tone Stojko Foto: Tone Stojko
2016 erhielt Vito Žuraj den Claudio-Abbado-Komponistenpreis der Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker.

Vito Žurajs Klangsprache ist spektakulär. Im März war der Slowene in Hamburg und Kiel zu hören: mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester und der Uraufführung seines Auftragswerks "Stand up". Am 10. April widmet das Ensemble Modern dem mehrfach ausgezeichneten Komponisten einen ganzen Abend mit einem Porträtkonzert,. Im Interview verrät Žuraj mehr zu seinem neuen Werk und seiner intensiven Verbindung zum Ensemble Modern.

Vito Žuraj, der Titel für Ihr neues Orchesterwerk, das das NDR Elbphilharmonie Orchester im März uraufführte, lautet "Stand up". Was hat es mit dem Titel auf sich?

Vito Žuraj: Zuerst spottend, danach wütend und schliesslich übertönend - so reagiert das Orchester symbolisch auf jedes der drei Paukensoli in der Mitte des Werks. Diese Soli erklingen nicht in einem edlen Ton, sondern in einem eher schwätzerischen. Die Bezeichnung Pauke ist vom mittelhochdeutschen Begriff "pûke" (brüllen) abgeleitet. Auf Englisch hat dieses Wort einen völlig anderen Beiklang (sich übergeben). Tatsächlich verdreht es einem den Magen, wenn man sich Äußerungen der Rache- und Machtbesessenen auf Spitzenpositionen anhört, seien dies echte Personen oder fiktive wie Coriolan und Charles Foster Kane. "Stand up" steht für Widerstand.

Sie sind vor der Fertigstellung Ihres neuen Orchesterstücks eigens für einen Tag nach Hamburg gereist, um den Großen Saal der Elbphilharmonie kennenzulernen, wo das Werk jetzt aufgeführt wurde. Was war Ihr Eindruck?

Žuraj: An der einzigartigen Akustik des Großen Saals der Elbphilharmonie fasziniert mich die Harmonie zwischen Transparenz und Klangfülle. Ich hatte das Privileg, den Orchesterklang aus den unterschiedlichsten Positionen des Zuhörerraums über mehrere Stunden lang betrachten zu dürfen. Diese Art von Raumvariationen hat mich zur Gestaltung von unterschiedlich arpeggierten Akkorden angeregt.

Einst las ich über die Verfahrensweise, anhand der abgerissenen Tuttischläge vom Anfang von Beethovens "Coriolan-Ouvertüre" die Nachhallzeit eines neuen Konzertsaals zu messen. So bekam der Bezug zu diesem Meisterwerk in meiner neuen Orchesterkomposition noch eine zweite Dimension.

Zusätzlich zum Orchesterabend mit Ihrem neuen Stück spielt das Ensemble Modern im April in der Reihe NDR das neue werk ein Porträtkonzert mit Ihrer Musik im Kleinen Saal der Elbphilharmonie. Was können Sie über Ihre Zusammenarbeit mit dem Ensemble Modern sagen?

Žuraj: Als ich 2009 Stipendiat der Internationalen Ensemble Modern Akademie geworden bin, begann für die Entwicklung meiner Klangsprache die wichtigste Zeit. Durch die folgenden Jahre entstand zwischen den Musikern des Ensemble Modern und mir eine enge künstlerische und freundschaftliche Verbindung, die zu zahlreichen Klangexperimenten und damit verbunden neuen Musikwerken führte. Ensemble Modern gibt mir mit seiner unverwechselbaren musikalischen Kraft und Leidenschaft immer wieder neue Impulse und Mut für weiteres intensives Schaffen.

Das Interview führte Dr. Richard Armbruster.

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