"Beware My Polish Heart"
Für Wolf Kerschek war es ein eigentümliches Gefühl, zum ersten Mal Polen zu bereisen: "Meine Großmutter war polnische Übersetzerin, mein Vater ist in Pommern geboren. Ich spreche die Sprache nicht, und doch fühlte ich mich dem Land sehr verbunden."
Mit offenen Ohren
Dieses Gefühl ist alles andere als selbstverständlich. Denn der junge Komponist und Vibrafonist Wolf Kerschek beschreibt sich selbst als "Weltmusiker". Weil ihn die Klänge außerhalb Europas interessierten, bereiste er ausführlich Brasilien und Indonesien. Auf Tourneen in Russland und dem Baltikum, Spanien, Portugal, Finnland, Skandinavien, England, den Beneluxstaaten und nicht zuletzt der Schweiz, wo er unter anderem beim Montreux Jazz Festival auftrat, sammelte er mit offenen Ohren Inspirationen, die er in seine Musik einfließen lässt.
Doch die Begegnung mit der polnischen Folklore setzte eine besondere Assoziationskette in Gang: "Vladyslav Sendecki ist mein Lieblingspianist und ich entdeckte gewisse musikalische Parallelen. Also schrieb ich ein Klavierkonzert für ihn und die NDR Bigband. Gemeinsam haben wir es "Beware My Polish Heart" genannt.
Kontrastprogramm mit freien Flächen
Vladyslav Sendecki freut sich über die ungewöhnliche Komposition, die Wolf Kerschek für ihn und seine Kollegen in der NDR Bigband maßgeschneidert hat: "Der Kontrast zwischen der Band und dem Solo-Klavier ist teilweise auskomponiert. Ich habe viele freie Passagen, aber dann kommt ein Thema und wird von einem anderen Solisten weitergeführt. Das ist wunderschön. Vor allem: ein Concerto für Klavier und Bigband - ich kenne nichts Ähnliches."
Der Komponist Kerschek kennt die NDR Bigband schon lange, auch als Dirigent: "Da gibt es konzeptuelle, thematische Improvisationen. Die Solisten spielen nicht, wie beim normalen Jazzstandard, über die Harmoniefolgen eines Themas. Sondern hier gehen Improvisationen in komponierte Teile über, folkloristische Elemente - also das 'Polish Heart' - tauchen eher als Assoziationen auf. Da ist keine musikwissenschaftlich nachweisbare Verbindung", beteuert Wolf Kerschek, "aber harmonisch ist es dichter an Chopin dran als an Thad Jones."
Musik ist Emotion
Eine Nähe, die Vladyslav Sendecki gut gefällt. Zieht sich doch der romantische Grundgedanke, im Hörer Emotionen entstehen zu lassen, wie ein roter Faden durch sein Leben als Musiker: "Ich empfinde die heutige Welt oft als zu kalt und gefühllos. Ich möchte, dass die Menschen ein wenig sensibilisiert werden durch mein Spielen."
