Stand: 27.01.2020 10:00 Uhr

Randy Brecker & NDR Bigband: "Rocks"

Seit mehr als vier Jahrzehnten prägt der Jazztrompeter und Komponist Randy Brecker den Sound des Jazz, R&B und Rocks maßgeblich. Er stand mit Größen wie Eric Clapton, Bruce Springsteen oder Frank Zappa auf der Bühne. Gemeinsam mit der NDR Bigband hat der US-amerikanische Grammy-Preisträger ein Album aufgenommen, das seine unverwechselbare Handschrift trägt: "Rocks". Als Special Guests sind Dave Sanborn, Ada Rovatti und Wolfgang Haffner dabei. Für den Song "Sozinho" erhielt Randy Brecker jetzt in der Kategorie "Bestes improvisiertes Jazz-Solo" einen weiteren Grammy.

VIDEO: Mit Randy Brecker beim Elbjazz 2019 (1 Min)

Ein Big Bang mit Bigband

1966 nimmt Randy Brecker an einem internationalen Jazz-Wettbewerb in Wien teil und belegt in seiner Instrumental-Fraktion Platz zwei, hinter Franco Ambrosetti. Fernab des Jazz denkt Europa in jenen Monaten beim Stichwort "Trompete" nur an einen: an Raffaele Celeste Rosso, kurz: Nini Rosso. Mit seinem Welthit "Il Silenzio" ("Abschiedsmelodie") wird dessen dahinschmelzendes und schmalzendes Horn zum Inbegriff der "romantic trumpet". Ein unüberhörbarer Image-Wandel: Bis dato galt Rosso als einer der besten Jazz-Trompeter Italiens.

Randy Brecker mit Trompete vor blauem Hintergrund  Foto: Merri Cyr
Randal Edward "Randy" Brecker wurde 1945 in Philadelphia, Pennsilvania geboren.

Und Randy? In eben jenem Jahr - 1966 - zieht er von Philadelphia nach New York. Zu den ersten Engagements gehören Big Bands. Die von Clark Terry, die Duke Pearson Big Band und das Thad Jones/Mel Lewis Orchestra. Das jazzmusikalische XL-Format ist für Trompeter (fast) immer eine Option, erst recht für jemanden wie Randy, dessen musikalisches Naturell lyrisch-sanfte Ausflüge zwar nicht ausschließt, das aber noch lieber Druck ausübt - und gerne hinter sich spürt. Jüngster Ausdruck dieser Lust ist die vorliegende CD, ein Big Bang mit Bigband. Und bereits der Titel "Rocks" klingt wie ein dampfender Gegenentwurf Randys zu Rossos "Il Silenzio".

Der gleichnamigen Komposition kam schon früh eine gewisse programmatische Funktion zu. Erstmals 1975 aufgenommen für das Debüt der Brecker Brothers, fungierte das Stück damals als Opener ihres Live-Repertoires. "Rocks" stellte gleich von Anfang an klar, worum es vor allem ging - um mit viel Testosteron aufgeladenen Jazz-Rock, messerscharfe Bläsersätze und hitzige Soli, um jenen so geschliffenen und doch rauen New-York-Sound - das, was der Titel eines späteren Live-Albums so treffend auf den Punkt brachte, Heavy Metal Be-Bop.

"Meine eigene verschrobene Musik"

"Die Situation des Rundfunks in den USA ist weiterhin frustrierend: auf der einen Seite das Smooth-Jazz-Radio, auf der anderen das puristische Jazz Radio. Aber es gibt nichts zwischen diesen beiden Extremen, du wirst nicht im Radio gespielt werden, wenn du nicht das eine oder das andere bedienst. Das tue ich nicht. Also mache ich meine eigene verschrobene Musik." Die wird in Europa umso mehr wertgeschätzt. Auch und gerade von Big Bands des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das aktuellste Beispiel liefert die NDR Bigband.

So unverwechselbar Randys improvisatorische Sprache, so unverwechselbar seine kompositorische Handschrift. Da macht es im wahrsten Sinnes des Wortes doppelt Sinn, ihn als Solisten und als Urheber einzuladen. "Rocks" vereint Stücke aus verschiedenen Perioden und hat durchaus etwas von einer Werkschau. Sie zu orchestrieren, bedeutet eine besondere Verantwortung: Für den Arrangeur gilt es, u.a. die Charakteristika der Kompositionen herauszuarbeiten, ohne dabei allzu viel zu verändern, und gleichzeitig die Arrangements auf den gesamten Klangkörper zuzuschneiden. Jörg Achim Keller, der das Orchester seit den 1980er-Jahren kennt, von 2008 bis 2016 Chefdirigent der NDR Bigband war, hat diese Herausforderung grandios gemeistert.

Porträt eines Ausnahmekünstlers

Während die 2018 erschienene CD "Together" mit dem finnischen UMO Jazz Orchestra Brecker als Solisten (in Stücken von Mats Holmquist) präsentiert, geht es bei "Rocks" um mehr - um ein Porträt. Ein solches wurde schon einmal von einer deutschen Radio Big Band realisiert: 2003 traten Randy und sein Bruder Michael in ihrem letzten gemeinsamen Projekt mit der WDR Big Band bei den Leverkusener Jazztagen auf.

Auch damals bot das von Vince Mendoza arrangierte Programm einen Querschnitt durch des Trompeters Urheberschatz - freilich mit anderen Kompositionen als auf "Rocks". Veröffentlicht wurde der Mitschnitt unter dem Titel eines Stückes, mit dem die Brecker Brothers ihre Konzerte zu beenden pflegten, "Some Skunk Funk".

In bester improvisierender Gesellschaft

War bei der WDR-Aufnahme mit dem Bassisten Will Lee ein Gründungsmitglied der Brecker Brothers Band dabei, so bereichert auch die NDR Aufnahme ein Band-Mitglied aus frühen Tagen, Altsaxophonist David Sanborn. Einer der Granden des Fusion-Jazz, an dessen Ton sich unzählige Instrumentalkollegen versuchten und der dennoch das Prädikat "Alleinstellungsmerkmal" verdient.

Ebenfalls Gast dieser ansonsten reichlich männlichen Gesellschaft ist Randys Ehefrau und Landsmännin Nini Rossos, die Tenorsaxofonistin Ada Rovatti. Sie wirkte (wie Sanborn) an Randys Album "34th N Lex" als auch an der "Brecker Brothers Band Reunion" (2013) mit. Die illustre Gäste-Liste komplettiert mit Wolfgang Haffner einer der international erfolgreichsten deutschen Jazzmusiker, ein Schlagzeuger, den Randy seit dessen Karriere-Beginn kennt und mit ihm des Öfteren gespielt hat.

Wenn es darum geht, das jeweilige unverwechselbare Profil einer Rundfunk-Big-Band zu umreißen, wird im Falle der NDR Bigband immer wieder darauf verwiesen, sie sei (auch) eine "Band der Solisten". Und so befindet sich Brecker in bester improvisierender Gesellschaft - mit Soli der Saxofonisten/Klarinettisten Fiete Felsch, Frank Delle, Björn Berger und Edgar Herzog, des Pianisten Vladyslav Sendecki und Perkussionisten Marcio Doctor, aber auch mit Beiträgen der speziell für dieses Projekt engagierten Kollegen, des Gitarristen Bruno Müller und des Bassisten Christian Diener.

Randy rocks - "Rocks" rocks

Über fünfzig Jahre nach jenem Wettbewerb in Wien ist Brecker immer noch einer der weltbesten Trompeter. "Du darfst nie aufhören, dich mit deinem Instrument zu beschäftigen. Ich wüsste auch nicht, was ich ohne die Trompete tun sollte. Es gibt Momente, da könnte ich sie aus dem Fenster werfen. Aber wenn sie tut, was du willst, dann macht es einen Riesenspaß!" Man hört's. Randy rocks. They all rock. "Rocks" rocks.

Rocks

Genre:
Jazz
Zusatzinfo:
Label:
Jazzline
Veröffentlichungsdatum:
22. Februar 2019
Preis:
16,99 Euro €

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Jazz

Eine Trompete liegt auf einen Haufen CDs (Bildmontage) © Fotolia Foto: Sscalaphotography, Spectral-Design

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