Heiße Rhythmen zu Olympia 2016
Olympia, das steht für Wettkampf, Höchstleistungen, Siegestaumel bei den Gewinnern und große Enttäuschungen bei den Verlierern. Den Soundtrack zu den Fernsehbildern liefert in diesem Jahr die NDR Bigband in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Wolf Kerschek, er hat die Musik für die Olympia-Übertragung in der ARD geschrieben. Auch eine Höchstleistung - mit mitreißendem Ergebnis. Elise Landschek hat den Komponisten im Studio besucht.
Beim letzten Schliff für die Aufnahmen zur großen Olympia-Hymne muss jede Note akkurat sitzen, Wolf Kerschek macht da keine Kompromisse. Hinterher bearbeitet er die Tonspuren am Computer und setzt in mühevoller Kleinarbeit die musikalischen Puzzleteile zusammen. "Alles was zur Bigband dazukommt", erklärt Kerschek, "Streicher, Orchester, Hörner, Hunderte von Percussions, Riesenchöre, Soundeffekte und Solosänger - das habe ich alles schon vorher aufgenommen."
Songs für jede Stimmung
Sechs Monate hat Wolf Kerschek an seinen Kompositionen gefeilt und zur Untermalung der ARD-Fernsehbilder Songs für jede Stimmung und in jeder Länge geschrieben: für den Auftakt eines Wettkampfs, die Zusammenfassung der Highlights in Zeitlupe, für die glücklichen Sieger und die traurigen Verlierer. Für pathetische Szenen auf der Siegertreppe, wo Tränen vergossen werden, habe er Musiker des NDR Elbphilharmonie Orchesters eingebunden. "Man sucht sich dann die Songs aus, die zu den Bildern passen" so Kerschek. "Das ist im Grunde wie eine vorproduzierte Filmmusik zu den Bildern, die dann an dem Tag selbst aufgenommen werden."
Der rote Faden: Brasilien
Wichtig sei für ihn beim Komponieren ein musikalischer roter Faden gewesen, der sich durch alle Songs zieht, erzählt Kerschek. Er musste nicht lange danach suchen: Für ihn waren das Brasilien und die für das Land typischen Samba-, Bossa- und Reggaerhythmen. Für die Texte setzte er sich mit brasilianischen Dichtern zusammen. Da Kerschek perfekt Portugiesisch spricht, war das kein Problem.
Es musste ein Song her, in dem es um den Traum der Kindheit gehe, verdeutlicht Kerschek. "Dass jemand schon als Kind Sportler werden wollte. Es musste einen Song geben, wo jemand aus einem Bürgerkriegsland kommt, in dem alles kaputt ist und er seine gesamte Energie für seine Leute gibt. Es gibt verschiedene Thematiken rund um die Olympiade, verschiedene schöne Geschichten, die alle musikalisch umgesetzt werden mit einer passenden brasilianischen Stilistik."
Die besten Kritiker: Kinder
Die fertig geschriebenen Songs spielte er zu Hause als erstes seinem sechsjährigen Sohn vor. Sein strengster Kritiker, sagt Kerschek. "Kinder sind der beste Test. Wenn die etwas einmal hören, nachsingen und an einer Stelle etwas anders machen, dann kann man sicher sein, dass man an der Stelle zu kompliziert gewesen ist. An den Hooklines hab ich gefeilt, bis es gepasst hat."
Unterstützung bekam Kerschek auch von dem brasilianischen Percussionisten Kiko Freitas. Der ist absolute Weltklasse, flüstert der Komponist über seinen Gastmusiker und eilt zurück ins Studio zu den letzten Aufnahmen. Freitas ist in seiner Heimat ein Star. In Hamburg war er mehrmals bei den Aufnahmen mit der NDR Bigband dabei, seine Percussion bildet die Basis der meisten Songs.
Sportler und Musiker sind verwandte Seelen
"Das ist toll, weil wir unsere eigene Musik noch mal neu kennenlernen", sagt Kiko Freitas. "Wenn jemand aus dem Ausland kommt und deine Sprache spricht, mit seinem Akzent, dann hören wir noch mal neu zu und lernen viel über uns. Das ist toll, denn du kannst eigene, neue Sachen zur Musik hinzufügen."
Kiko Freitas sagt von sich, er sei ein Fan der Olympischen Spiele, er freut sich auf die Wettkämpfe in seinem Land. Und irgendwie seien Sportler und Musiker ja auch verwandte Seelen. "Auch wir Musiker üben lange, bereiten uns vor, machen sogar Stretching vor dem Konzert, und dann kommt es auf den einen Moment an, dann muss alles gelingen - ein bisschen wie im Sport eben."