NDR Bigband bei der Ruhrtriennale: Play Big!
NDR Bigband, Basel Sinfonietta und das Chorwerk Ruhr zaubern ein atemberaubendes Klangfest auf die Bühne der Ruhrtriennale - am 21. und 22. September in der Jahrhunderthalle in Bochum.
Bigband und Sinfonieorchester - wie Pinguin und Eisbär
Bigband und Sinfonieorchester sind wie Pinguin und Eisbär - sie begegnen sich praktisch nie. Und das nicht ohne Grund: Die improvisatorische Freiheit des Jazz und die komplexe Bauweise klassischer Kompositionen stehen für zwei komplett gegensätzliche Ansätze des Musikmachens, die Komponist:innen selten in sich vereinen. Und wenn sie es doch tun?
Mystikerin Gubaidulina trifft auf Hollywood
Dass musikalische Wesensfremdheit auch ein kreativer Motor sein kann, beweist Sofia Gubaidulina, deren Musik hauptsächlich mit religiös-spiritueller Tiefe assoziiert wird, nicht aber mit Jazz und Unterhaltungsmusik.
Ihre geisterhaft ironische "Revuemusik" ist wie der Blick einer tatarischen Mystikerin auf die Ästhetik der Hollywood-Filmmusik der 1970er-Jahre. Ein selten gehörter Coup der bescheidenen Grande Dame der zeitgenössischen Musik, der ihr eine weitere mysteriöse Dimension verleiht.
Polymetrisches Kunststück von Wertmüller
In beiden Welten gleichermaßen heimisch ist der Jazzschlagzeuger und Komponist Michael Wertmüller. Bereits in seinem experimentellen Opernraum "D•I•E" öffnete er bei der Ruhrtriennale 2021 die Schleusen der Stilgrenzen. In seinem neuen Werk "Shlimazel" greift er nun die Tradition der Bigband auf und lässt sie mit dem Sinfonieorchester als geschlossenen Klangapparat wie ein gigantisches Ufo abheben. Angetrieben von zwei fabelhaften Jazz-Virtuosen verwachsen dabei Komplexität und Coolness zu einem polymetrischen Kunststück, als hätte es nie ein lineares Zeitmaß gegeben.
Audiovisuelle Zeitmaschine von Steen-Andersen
Irrwitzig und riesenhaft ist das Spektakel in Simon Steen-Andersens "TRIO". Die drei Stimmen seines Trios heißen nicht etwa Violine, Cello und Klavier, sondern Chor, Orchester und Bigband. Sie sind Werkzeuge einer atemberaubenden audiovisuellen Zeitmaschine, bei der musikalische Geschichte und Gegenwart, Schnipsel archivierten Filmmaterials und Live-Musik einen verrückten metaphysischen Organismus bilden - gesteuert natürlich von Mastermind Steen-Andersen selbst: Spielversessen wie ein Marionettenspieler hält der dänische Komponist und Installationskünstler die Fäden in der Hand und lässt seine Figuren einen fantastischskurrilen Tanz tanzen.