CD: "Ellington" mit Al Jarreau und der NDR Bigband
Fast zwei Jahrzehnte lang blieb der König des Scat-Gesangs Al Jarreau mit der NDR Bigband verbunden. Ein musikalisches Ergebnis: die Jazz-CD "Ellington", deren Aufnahmen 2016 - kurz vor Al Jarreaus Tod - mit den Musikerinnen und Musikern in Hamburg entstanden ist.
Von Stefan Gerdes
"Hi, guys!" Diese Stimme war unverkennbar. Im Mai 1998 betrat Al Jarreau das erste Mal das Probenstudio der NDR Bigband. Er blickte in die Runde, schüttelte den Kopf und meinte: "Also, das ist ja wirklich großartig geschriebene Musik. Wo bekommen wir jetzt bloß einen guten Sänger her?" Ein erster Lacher, und schon hatte er alle für sich gewonnen. Al Jarreau war ein besonderer Mensch, auf und hinter der Bühne.
Ein begnadetes Showtalent mit einer einzigartigen Präsenz. Er konnte vor Humor nur so sprühen und alle um den Finger wickeln. Hinter dem Performer steckte ein sehr ernsthafter Mensch. Mit sanfter Stimme erklärte er, woher Jazz für ihn kam - "aus hässlichen Umständen, der Sklaverei", und was Jazz für ihn war - "seelenvolle Schwarze Musik".
All das deutete er auf der Bühne eher beiläufig an. Beim Abendessen fielen auch schon mal klare Worte zu Politik und Rassismus. Und er war ein im positiven Sinne ehrgeiziger Musiker, der sich nicht auf seinem Ruhm ausruhte, was er nach all den Erfolgen leicht hätte tun können. "Mit euch zu spielen, heißt für mich lernen. Ich arbeite hart daran, dass mein Part gut wird." Das betonte er immer wieder. Er war kein Stargast, er sah sich als Teil der Band. Er kannte die Namen der Solisten und feuerte sie im Konzert an. Nachmittags, beim Soundcheck, war er der erste.
Al Jarreau: Down to earth und leuchtende Persönlichkeit zugleich
Gutgelaunt - mit Baseballkappe und Turnschuhen - wartete er geduldig bei einem Gläschen Orangensaft, bis er an die Reihe kam. Wenn er dann am Abend die Bühne betrat, wirkte es, als müsse man überhaupt keinen Scheinwerfer auf ihn richten - er selbst schien zu leuchten und den Raum mit Wärme zu füllen. Diese besondere Aura haben wir mehrfach erleben dürfen.
Das erste Mal 1998, bei der Aufführung von Gershwins "Porgy and Bess" in der Hamburger Speicherstadt. Dann 2007, bei der ersten Tour, auf die 2012 eine weitere mit Joe Sample folgte. Und schließlich 2016, bei der großen Ellington-Tour. Fast zwei Jahrzehnte lang blieb Al Jarreau mit der NDR Bigband verbunden. Sein positives Leuchten und seine Herzlichkeit nahmen nie ab. Sie machten nicht ehrfürchtig, sondern steckten alle an. Seine Kunst aber sorgte jeden Abend für Respekt. Sang er eine Ballade, dann durchlebte er förmlich den Text. Wenn es groovig wurde, flogen die Töne meterhoch durch den Saal.
Ellington-Arrangements von Jörg Achim Keller
In den unwiderstehlichen Versionen von Duke Ellingtons Musik, die Jörg Achim Keller für ihn geschneidert hatte, verwandelte sich sogar sein Körper, der ihm im Alltag oft sichtbar Schmerzen bereitete. Plötzlich war er wieder der junge, schlaksige Typ, der sich im Takt bog und schlängelte. Auch seine Stimme klang alterslos. Mit ihr konnte er Dinge anstellen und Gefühle ausdrücken, die das Wort Gesang nur anzudeuten vermag.
CD
- Genre:
- Jazz
- Zusatzinfo:
- Al Jarreau & NDR Bigband
- Label:
- ACT
- Veröffentlichungsdatum:
- 01.11.2024