Peter Bolte, Saxofonist der NDR Bigband © Steven Haberland Foto: Steven Haberland

Improvisation steht im Mittelpunkt

Der NDR Bigband Saxofonist Peter Bolte muss nicht alles spielen, was ihm stilistisch gefällt, doch es beeinflusst ihn - gerade in spontanen Momenten, wenn Improvisation Raum findet.

Bei einem Blick auf die Liste ihrer CD-Veröffentlichungen und ihrer Konzerte entsteht der Eindruck, dass Sie sich sehr auf Jazz fokussiert haben. Stimmt das?

Peter Bolte: Jazz ist für mich kein abstraktes Konzept, an Musik heranzugehen, sondern eine Stilistik. Deshalb würde ich sagen: Einiges von dem, was ich gemacht habe, kann man Jazz nennen. Aber ich würde zum Beispiel nicht sagen: Ich bin Jazz-Musiker. Natürlich gibt es andere, für die Jazz kein Stilbegriff, sondern ein relativ abstraktes Konzept ist, das man unterschiedlich anwenden kann. Das sehe ich eben anders.

Biografisches in Kürze

1967 wurde Peter Bolte in Paderborn geboren.

Instrumente: Altsaxofon, Flöte

Er trat u. a. mit Gruppen von Harald Haerter oder Bob Degen, sowie einem eigenen Quartett auf. Bis 2019 sind zwölf CDs unter Peter Boltes Namen veröffentlicht worden.

Seit 1995 ist Peter Bolte festes Mitglied der NDR Bigband.

Bewegen Sie sich musikalisch gerne in unterschiedlichen Stilrichtungen?

Bolte: Ich bin niemand, der nur um des Ausprobierens Willen verschiedene Stile erprobt. Ich glaube, dass man im Laufe des Lebens Wandlungen durchmacht, die einen in verschiedene stilistische Bereiche und eben auch über Genre-Grenzen hinweg führen können.

Es gibt ja auch Musiker die sagen: Wenn mir eine bestimmte Art von Musik gefällt, dann will ich die auch spielen. Das ist bei mir überhaupt nicht so. Wenn mir etwas gefällt, dann werde ich das auf mein eigenes Musizieren Einfluss nehmen lassen. Aber nicht unbedingt dadurch, dass ich mich in dem betreffenden Stil zu bewegen versuche. Wenn ich meinen Platz darin nicht sehe, dann lasse ich die Finger davon.

Was schätzen Sie an der Arbeit in der NDR Bigband?

Der Altsaxofonist Peter Bolte bei einem Soundcheck mit der NDR Bigband. © Steven Haberland Foto: Steven Haberland
Peter Bolte und Luigi Grasso (rechts) mit der NDR Bigband beim Jazzfestival Ystad 2019.

Bolte: Es gibt eine Sache, die muss man sich immer mal wieder ins Gedächtnis rufen, denn wenn man das schon über Jahre macht, wird es zu einer Selbstverständlichkeit: Man ist hier in der glücklichen Position, dass man jeden Tag mit sehr guten Musikern zusammenspielt. Und man muss sich gar nicht darum kümmern, das machen andere für einen. Man geht zur Arbeit und hat ständig irgendeine Art von Anregung.

Na gut, es kommt vor, dass man keine Lust hat, etwas zu spielen, und es dann natürlich trotzdem machen muss. Aber ich schätze es, auf dem gegebenen professionellen und künstlerischen Niveau arbeiten zu können. Außerdem hält mir die Arbeit auch in finanzieller Hinsicht den Rücken frei. So kann ich außerhalb der NDR Bigband auch Projekte machen, die kommerziell schwer verwertbar sind. Ich bin sozusagen mein eigener Mäzen.

Wie wichtig ist Ihnen das Komponieren eigener Musik?

Bolte: Ich bin kein Komponist in dem Sinne, dass ich mich morgens an den Schreibtisch setzen und zu schreiben anfangen würde. Ich komponiere nur unregelmäßig, glaube aber, dass ich es für den gesamten künstlerischen Prozess gut gebrauchen kann. Im Sinne einer Identitätsfindung, um für mich selbst das künstlerische Profil zu schärfen, ist das Komponieren ein wichtiger Aspekt. Aber wenn ich morgens aufstehe, dann um zu üben und nicht, um mich ans Klavier zu setzen oder an den Schreibtisch.

Also ist die Weiterentwicklung am Instrument Ihre eigentliche Antriebsfeder?

Bolte: Die körperliche Erfahrung, ein Instrument zu spielen, ist für mich sehr wichtig. Wobei ich das Leben des reisenden Musikers überhaupt nicht attraktiv finde. Ich hasse es, zu reisen! Ich kann mich künstlerisch auch ausleben, indem ich im Aufnahmestudio Sachen zusammenbastle, dazu muss ich nicht permanent auf einer Bühne stehen. Es ist für mich kaum vorstellbar, zum Beispiel um sich nur noch dem Komponieren zu widmen, nicht mehr zu spielen. Die Improvisation, das "Schaffen von Musik im Moment", ist der Mittelpunkt meines Interesses. Alles andere sind nur Bemühungen, für die Voraussetzungen zu sorgen.

Das Interview führte Jessica Schlage (2011).

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