Ingo Lahme, Bassposaunist der NDR Bigband © Steven Haberland Foto: Steven Haberland

"Es geht ums Geben"

Spielen ist für Ingo Lahme vor allem emotionales Geben, und wenn das auf Resonanz trifft, macht Empfangen umso mehr Spaß, so der Posaunist im Interview.

Sie haben in den Niederlanden und in New York studiert. Haben Sie jemals in Betracht gezogen, auf Dauer im Ausland zu bleiben?

Ingo Lahme: Das war auf jeden Fall eine Option, gerade New York, weil da die besten Musiker wohnen und auch die Möglichkeiten, dort Musik zu studieren und sich weiterzuentwickeln unglaublich gut sind. Ich war sogar schon mit einem Bein in New York, als ein Engagement für das Musical "Saturday Night Fever" in Köln kam, das ich dann angenommen habe.

Mit meinen Instrumenten Bassposaune und Tuba gibt es gar nicht so viele Möglichkeiten, in regelmäßigen Engagements Geld zu verdienen und deshalb war das ein Angebot, das ich nach dem Studium gerne angenommen habe.

Biografisches in Kürze

Jahrgang 1974, aufgewachsen in Brilon im Hochsauerland, lebt heute in Hamburg.

Instrumente: Bassposaune, Tuba

Studium am Conservatorium Hilversum/Niederlande und in New York/USA. Zu seinen Lehrern zählten Erik van Lier, Jiggs Whigham und Dave Taylor. Er spielte unter anderem mit Michael Brecker, Dave Liebman, Vince Mendoza und Maria Schneider. Neben der NDR Bigband ist er auch als Studiomusiker und Dozent aktiv. Wichtige eigene Projekte sind Nina Leni & Nanorange sowie das Posaunen-Quartett Beastie Bones mit den Kollegen Stefan Lottermann, Dan Gottshall und Joe Gallardo.

Seit 2000 ist Ingo Lahme festes Mitglied in der NDR Bigband.

Seit 2000 sind Sie festes Mitglied der NDR Bigband, und wie viele Ihrer Kollegen haben Sie einige Jahre im BuJazzO gespielt, dem Jugendjazzorchester der Bundesrepublik Deutschland. War das die ultimative Bigband-Vorbereitung?

Lahme: Es war auf jeden Fall eine sehr gute Grundlage - auf der einen Seite was das eigene Spielen angeht, aber fast noch mehr, um den musikalischen Horizont zu erweitern, mit anderen guten Musikern zusammenzuspielen und Kontakte zu knüpfen.

Damals habe ich Dozenten kennengelernt, bei denen ich später studiert habe. Und heute wiederum nehmen die aktuellen BuJazzO-Spieler bei mir Unterricht.

Was schätzen Sie an der Arbeit mit der NDR Bigband besonders?

Lahme: Die Möglichkeiten, die man hier hat. Es ist traumhaft, mit ganz verschiedenen Komponisten und Arrangeuren zusammenzuarbeiten. Deshalb ist auch die stilistische Bandbreite so groß, was ich gut finde. Dadurch wird man auch immer wieder überrascht und lernt dazu.

Was mir persönlich auch besonders großen Spaß macht: mit verschiedenen Trommlern zusammenzuarbeiten! Denn das ist immer ein Herzstück der Musik. Der Trommler entscheidet ganz viel darüber, wie die Band klingt oder in welche Richtung die Musik geht. Und da haben wir hier die Luxussituation, oft mit internationalen Gästen zu spielen.

Finden Sie dann auch die Konzertreisen der NDR Bigband ins Ausland besonders spannend?

Lahme: Auf jeden Fall. Ich reise ohnehin sehr gerne, aber auf Reisen in Verbindung mit Musik kommt man noch mal leichter mit den Menschen in Kontakt, weil es ein verbindendes Element gibt. Und das ist eigentlich das Interessante daran, darüber das Land kennenzulernen.

Der Posaunist Ingo Lahme während einer Bigband-Probe von der Seite fotografiert, im Hintergrund sind weitere Musiker zu sehen. © NDR Foto: Steven Haberland
Innere Konzentration vor den Konzerten - und dann auf der Bühne ganz da sein!

Reisen ist auch schon schön, wenn man sich als Tourist Land und Leute anschaut, aber über den Austausch mit den Einheimischen etwas zu lernen, ist noch viel spannender.

Ist Ihnen da ein Konzert im Ausland besonders in Erinnerung geblieben?

Lahme: Also grundsätzlich sind mir Konzerte sehr wichtig - egal in welchem Land. Da gebe ich alles und versuche ganz da zu sein, das ist, denke ich, noch immer das Wichtigste in der Musik. Als Musiker gebe ich. Ich empfange natürlich auch, aber eigentlich geht es ums Geben - sodass Menschen daran Freude haben oder Emotionen spüren, die sie sonst nicht spüren.

Ein Beispiel ist ein Konzert, das wir mit João Bosco in Brasilien gespielt haben. Er hatte in den 1970er-Jahren eine Art Hymne gegen die damalige Militärdiktatur geschrieben - unter der Hand, denn der Text war sozialkritisch und offiziell nicht gerne gesehen. Aber alle im Publikum kannten ihn und haben mitgesungen. Das zu sehen, dass da eine Botschaft ankommt, da hatte ich wirklich Gänsehaut. In so einem Moment kommt auch ganz viel zurück.

Das Interview führte Jessica Schlage.

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