Alligatoah-Konzert beim Wacken Open Air 2024: Hat geschmeckt
Alligatoah beim Wacken Open Air, vom Rap zum Metal, kann das gutgehen? Zehntausende sind so neugierig, dass die Veranstalter den Einlass stoppen. Danke an den Gesangslehrer des 34-Jährigen. Ein Konzert-Bericht.
Wir trotten langsam vom Festivalgelände, über den nach klitzekleinen Regentropfen immer noch staubtrockenen Ackerboden. Im Ohr klingt der Schlusssong von Alligatoah nach. "Willst Du (mit mir Drogen nehmen?)" bleibt hängen, aber nur kurz. Es sind nicht diese mehr als zehn Jahre alten Songs des Mannes, der als Rapper groß geworden ist, die aus dem Donnerstagabend beim Wacken Open Air etwas Besonderes gemacht haben.
Dem Metalhead mit Schiebermütze hat's geschmeckt
Das Konzert hat sich entwickelt. Anfangs waren die Zehntausenden Metalheads vor der Bühne einfach nur neugierig. Kann Alligatoah Metal? Am Ende sagt zum Beispiel der Mann mit der schwarzen Schiebermütze, der neben mir nach Hause geht über den 75-Minuten-Auftritt: "Hat geschmeckt." Klingt so staubtrocken wie der Ackerboden. Ist aber echte Begeisterung von einem gebürtigen Wackener.
Veranstalter verhängen nach 30 Minuten Einlassstopp
Erst von ihm erfahre ich, dass die Veranstalter die Bühne, auf der Alligatoah gespielt hat, während des Konzerts abgeriegelt haben. Zu viele Menschen. Es kam eine Push-Meldung. Ich hatte keinen Empfang auf dem Festivalgelände. "Dass sie den Einlass zu einer Bühne dicht machen, habe ich davor in 23 Jahren Wacken erst zweimal erlebt", höre ich. Alligatoah ist auch für Metal-Fans nicht mehr der "Niemand", den er im gleichnamigen Song besingt.
Alligatoah schreit Fans aus Büro-Kulisse entgegen
Nach dem Opener "Stay in Touch", zu dem er in der Büro-Kulisse auf der Bühne aufsteht, setzt der gebürtige Niedersachse direkt auf Metal und jenes "Niemand" aus dem im Frühjahr veröffentlichten Metal-Album "Off". Seit er das letzte Mal in Wacken war (2022), habe er Gesangsunterricht genommen, erzählt der Sänger, Lukas Strobel mit bürgerlichem Namen. "Applaus für meinen Gesangslehrer", brüllt er der Menge entgegen und schreit sich die Seele aus dem Leib.
Gute Reise für den Crowdsurfer neben meinem Ohr
Wenngleich all jene, die die Songs mitsingen, eher unter 40 als älter sind, schafft Alligatoah es, auch die alteingessenen Wacken-Gänger mitzunehmen. Kopfnicken zu "Ich Ich Ich", bei "So raus" wird's extrem laut. Und kurz sogar gefährlich für den einseitig körpertätowierten Crowdsurfer, dessen Hand plötzlich mein Ohr streift. Gerade noch erreiche ich mit anderen seine rechte Wade, um ihn zu stützen und ihm auf dem Weg nach vorne innerlich eine gute Reise zu wünschen.
Frage an Metalheads: "Fühlt ihr Euch schon abgerissen?"
Auf der Bühne steuert Alligatoah in rotem Rollkragen und roter Hose auf das Konzert-Ende zu. "Fühlt ihr Euch schon abgerissen?", schallt es aus den Boxen, gefolgt von Gebrüll aus dem Publikum, das sich weder als ja noch nein interpretieren lässt. Neben mir baut sich gerade ein Zwei-Menschen-Turm auf, damit die Dame oben besser sehen kann. Wackliges Ding, hält dann aber. Jubel bei den Umstehenden.
"Daylight" von den No Angels als Metal-Version zum Schluss
Mit Metal ist jetzt nicht mehr viel, aber die Metalheads sind gefangen. Alligatoah schmeißt noch ein paar Bürostühle aus der Kulisse auf die Bühne, immerhin: eine Rolle springt ab. Ein Sideboard lässt er hinter dem Rücken aus den Händen gleiten. Muss ja auch nicht alles Rock'n Roll sein. Dann noch "Daylight" von den No Angels als Metal-Version. Ende. Hat geschmeckt.