Zeitreise: Als auch in Bad Segeberg die Bücher brannten
Nicht nur in Universitätsstädten des Deutschen Reiches wurden 1933 Bücher verbrannt - auch in der Provinz. Die örtliche NSDAP-Führung wollte ihre Loyalität zu Adolf Hitler beweisen und versuchte die Literatur zu vernichten, die der damaligen Ideologie widersprach.
Die Lehrer seien durch den Slang, den die Kinder in seinen Büchern sprachen, schockiert gewesen, erzählt Erich Kästner 1969 in einem Interview. Viele von den Lehrern lehnten seine Bücher ab, weil sie meinten, so würden Kinder nicht sprechen. Vielleicht einer der Gründe, warum auch der Autor weltweit berühmter Kinderbücher wie "Emil und die Detektive" und "Das Fliegende Klassenzimmer" zu den Literaten gehörte, deren Bücher die Nationalsozialisten 1933 verbrannten.
Bücher von Thomas Mann und Franz Kafka sollen in Flammen aufgehen
Angefangen hatte es in den Universitätsstädten Berlin, München und auch Kiel. Die Studenten durchsuchten die Bibliotheken nach ihnen verhassten Büchern und verbrannten sie auf gewaltigen Scheiterhaufen. Da wollten die Bad Segeberger nicht zurückstehen, meint Hans-Werner Baurycza. Der Heimathistoriker hat die Ereignisse rund um den 25. Juni 1933 genau untersucht, als auch in der Kreisstadt Scheiterhaufen für Bücher brannten. Bereits einen Tag nachdem Adolf Hitler zum Reichskanzler gewählt wurde, hatten die Segeberger den Marktplatz in "Adolf-Hitler-Platz" umbenannt. Als die Führung der örtlichen NSDAP hörte, was in den Universitätsstädten passierte, wollten sie mitmachen und auch in Bad Segeberg Bücher verbrennen, die ihrer Meinung nach "Schande" über Deutschland brachten. In Zeitungen wurde dazu aufgerufen, Bücher zu bringen, die auf einer Verbotsliste der Nazis standen - Bücher von Bertold Brecht, Franz Kafka, Thomas und Heinrich Mann, Leon Feuchtwanger und vielen anderen. Aber es kamen nicht genügend Bücher zusammen, so mussten die Parteimitglieder selbst sammeln gehen.
Die Sonnenwendfeier in Schleswig-Holstein
Am 25. Juni 1933 fand im ganzen Deutschen Reich ein "Tag der Jugend" statt, zugleich wurde die Sommersonnenwende gefeiert. Auch in Bad Segeberg traten die Hitlerjugend und der "Bund Deutscher Mädel" an, um das Fest zu feiern. Höhepunkt dabei war die Bücherverbrennung auf dem zentralen Platz der Stadt. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Städten wurden 1933 die Scheiterhaufen für die Bücher der verfemten Autoren in Brand gesteckt. Bereits im Mai brannten Bücher in Flensburg, Lübeck und auf Helgoland. Im Juni flammten außer in Bad Segeberg Scheiterhaufen für die verfolgte Literatur in Schleswig und Eutin auf. In Rendsburg brannten Bücher im Oktober 1933.
Die Bücher "überlebten" die Barbarei
Bis heute entsetzt es ihn, was damals geschehen ist, erzählt der Buchhändler Hauke Harder in seiner Buchhandlung in Kiel-Friedrichsort. Es seien grad die besonderen Bücher gewesen, die bis heute zur Weltliteratur gehören, wie zum Beispiel der Anti-Kriegsroman "Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque. Erst in diesem Jahr hat eine Verfilmung des Buches in Hollywood vier Oscars gewonnen. Es sei befriedigend, meint Harder, dass die Literatur der Nazis inzwischen weitgehend vergessen ist, die damals verbrannten Werke aber bis heute das Fundament der deutschen Literatur bildeten. Bücher wie "Buddenbrooks" von Thomas Mann oder Franz Kafkas "Der Prozess".
Heute heißt das Bad Segeberger Zentrum wieder "Marktplatz". Er ist vor kurzem umgestaltet worden und wenig erinnert an seinen Zustand vor 90 Jahren. So sind es vor allem die Bücher selbst, die an die Zeit erinnern, als die Nationalsozialisten in Deutschland Bücher verbrannten - auch in Schleswig-Holstein.