Tarifverhandlungen: Rettungskräfte fordern bessere Bedingungen
Am Dienstag haben die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in Potsdam begonnen. An einer Demonstration dort nahmen auch Mitarbeitende des kommunalen Rettungsdienstes aus Schleswig-Holstein teil. Sie wünschen sich weniger Wochenarbeitszeit und bessere Bezahlung.
"Ich würde mich trotz allem heute noch mal für den Beruf entscheiden", sagt Norbert Wunder nach einigem Nachdenken, während wenige Meter weiter ein Rettungswagen der Rettungswache Elmshorn (Kreis Pinneberg) zum Einsatz ausrückt und das Rolltor klappernd hochfährt. Seit 1981 - also 42 Jahre - ist er im Rettungsdienst tätig. Mittlerweile mehr "Schreibtischtäter als draußen unterwegs, aber wenn große Einsätze kommen, fahre ich als Leitung mit raus".
Ein Job im ständigen Wandel
Der Beruf habe sich aber sehr verändert. Mehrere Reformen des Rettungswesens hätten den Anspruch an den Job über die Jahre immer weiter erhöht: mehr medizinisches Fachwissen, mehr technische Ausrüstung, mehr Medikamenten-Ampullen auf dem Rettungswagen. Einzig das Sozialgesetzbuch, der Ort, an dem der Rettungsdienst und seine Aufgaben definiert werden, sieht in Wunders Tätigkeit weiter nur eine "Transportleistung".
Einsatzbelastung ist enorm angestiegen
Viele Rettungskräfte steigen vor der Rente aus dem Beruf aus oder gehen in Teilzeit. Anders sei die hohe Arbeitsbelastung für viele nicht mehr zu bewältigen, sagt auch Norbert Wunder. Denn nicht nur die Arbeitszeit liegt im kommunalen Rettungsdienst mit 48 Stunden pro Woche höher als in vielen anderen Berufen: Auch die Zahl der Einsätze steigt Jahr um Jahr weiter an.
Waren es 1995 bundesweit bei ähnlichen Bevölkerungszahlen noch 9,5 Millionen Einsätze, sind es 2017 schon 16,4 Millionen gewesen - Tendenz steigend. An der Rettungswache von Norbert Wunder in Elmshorn heißt das konkret: 19.000 Einsätze pro Jahr, im Schnitt 52 pro Tag. Jährlich werden es ein paar Prozent mehr und die Einsätze werden ebenfalls immer länger, da auch bei den Kliniken der Rotstift angesetzt wurde. Dadurch verlängern sich oft die Fahrstrecken, um Patientinnen und Patienten unterzubringen.
Reduzierte Arbeitszeit soll Rettungsdienst attraktiver machen
Ein erster Schritt, um den Rettungsdienst wieder attraktiver zu machen, soll eine niedrigere Wochenarbeitszeit von 44 Stunden sein. Das zumindest wünscht sich Gewerkschafter Wunder zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen. Dass das geht, hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) gezeigt. Hier wird die Arbeitszeit in den kommenden Jahren stetig reduziert, auf am Ende 42 Stunden pro Woche.
Höchste Gehaltsstufe sieht gut 3.800 Euro vor
Die Bezahlung im kommunalen Rettungsdienst könnte aus Sicht der Angestellten und Gewerkschaften ebenfalls besser sein. Denn die höchste Gehaltsstufe - inklusive aller Schichtzulagen und Weihnachtsgeld - liegt derzeit bei 3.818,50 Euro im Monat. Dafür haben Rettungsdienstleistende dann aber auch eine dreijährige Ausbildung und 14 Jahre Berufserfahrung hinter sich gebracht, arbeiten nachts und an Feiertagen.
Laut Norbert Wunder sollten mindestens 500 Euro brutto mehr her, um die aktuellen Kostensteigerungen und die zunehmende Belastung des Berufs auszugleichen. "Sonst kommen wir mit zu wenig Personal irgendwann in die Situation, in der die geburtenstarken Jahrgänge einen Rettungswagen brauchen und keiner da ist."
Arbeitgeber: Forderung sprengt den finanziellen Rahmen
Die kommunalen Arbeitgeberverbände zeigen Verständnis für viele Probleme der Beschäftigten im gesamten Öffentlichen Dienst, sehen die Forderungen aber kritisch. Demnach würde eine Gehaltserhöhung von 10,5 Prozent, aber mindestens 500 Euro mehr, den finanziellen Rahmen sprengen und sei deshalb nicht leistbar. Denn nicht nur Kita-Beschäftigte, die Müllabfuhr, Rettungskräfte oder Förster - sondern auch Beamte, Soldaten und Richter müssten mehr Geld bekommen.
Nach Berechnungen der Arbeitgeberverbände würde das Bund und Kommunen Milliarden im Jahr kosten - Geld, das an anderen Stellen zum Beispiel bei Investitionen dann fehlt. Ein konkretes Tarif-Angebot hat die Arbeitgeberseite noch nicht vorgelegt. Insgesamt sind bis Ende März drei Verhandlungsrunden angesetzt. Ver.di hat schon vor den Gesprächen umfangreiche Streiks in allen Berufszweigen nicht ausgeschlossen.