Studie am UKSH Lübeck gibt ALS-Patienten Hoffnung

Stand: 16.09.2023 17:28 Uhr

Es ist eine Krankheit, die nicht heilbar ist und meistens innerhalb weniger Jahre zum Tod führt. Am UKSH in Lübeck wird zum ersten mal in Deutschland ein Studie durchgeführt, die Hoffnung für Erkrante gibt. Maria nimmt an der Studie teil.

von Phillip Kamke

Die ersten Symptome hatte Maria* vor anderthalb Jahren, als sie über eine Straße gehen wollte. Plötzlich setzte ihr rechtes Bein aus und sie fiel hin, mitten auf dem Zebrastreifen. Sie wunderte sich, dachte sich aber nichts dabei. Doch genau das passierte ihr in den folgenden Wochen immer wieder. Also ging Maria zum Arzt. Aber auch nach mehreren Untersuchungen gab es keine Gewissheit. Die bekam sie erst Monate später: Sie hat die Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS. Während die Muskeln zunehmend gelähmt werden, bleiben die Patienten im Kopf klar. Die Krankheit gilt als nicht heilbar und führt zum Tod. In Deutschland leben etwas 6.000 Menschen mit der tödlichen Krankheit, in Schleswig-Holstein sind es etwa 800. "Da ist für uns alles zusammengebrochen", erinnert sich Ehemann Jose. "Wir hatten vorher noch nie etwas von der Krankheit gehört. Unser Leben hat sich um 180 Grad gedreht."

Maria wird innerhalb eines Jahres zum Pflegefall

Maria ist 59 Jahre alt und heute ein Pflegefall. Sie ist auf den Rollstuhl angewiesen, kann nicht mehr alleine stehen. Auch ihr Sprachzentrum ist eingeschränkt. Trotz alldem nimmt Maria nun an einer Studie im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Lübeck teil - als erste Teilnehmerin. "Ich musste nicht lange überlegen, als ich von der Studie gehört habe. Ich werde kämpfen. Und wenn es für mich nicht mehr reicht, hilft es vielleicht anderen", sagt Maria.

Neues Medikament wird getestet

Mittelpunkt der Studie ist ein neues Medikament. Es wird aus Proteinen hergestellt - in der hauseigenen Apotheke am UKSH in Lübeck. Das Medikament soll das kaputte Gen im Körper reparieren können. Es ist in ganz Deutschland die erste Studie mit dem Medikament.

Ein Arzt führt eine Injektion eines Medikamentes ins Rückenmark einer an ALS erkrankten Patientin im Rahmen einer Studie am UKSH. © NDR
Das Medikament muss ins Rückenmark gespritzt werden.

Die Krankheit ALS findet tief im inneren Nervensystem statt. Deshalb muss das Medikament ins Rückenmark gespritzt werden, damit es im Gehirn ankommt. Ein Gen-Übersetzungs-Steuerungs-Element werde in den Rückenmarkskanal eingespritzt, erklärt Professor Julian Großkreutz, der die Studie in Lübeck leitet. "Der wird von den Nervenzellen dann aufgenommen und dadurch können sie wieder diesen wichtigen Eiweißstoff vollständig übersetzen und ausbilden, sodass sie dann wieder normaler funktionieren."

Medikament wird eingespritzt

Auf der Intensivstation ist alles vorbereitet. Maria sitzt auf dem Bett, wird von ihrem Mann und einer Ärztin gestützt. Professor Großkreutz setzt die Nadel an, zuerst um Nervenwasser abzulassen, damit das Medikament genug Platz hat. Immer wieder fragt er Patientin Maria, ob alles in Ordnung ist. Jedes Mal kommt ein kurzes "Ja". Dann setzt Professor Großkreutz die Spritze mit dem Medikament an, es sind 12 Mililiter. "Ich werde jetzt über einen Zeitraum von über drei Minuten reinspritzen, damit es alles gleichmäßig reinfließt", erklärt Großkreutz. Als das Medikament im Körper ist und Maria wieder aufrecht sitzt, strahlt sie. "Danke Doktor", sagt sie.

Professor hat große Hoffnung

Nun heißt es Warten. Weil sich das Protein im Körper auflöst, wird Maria in vier bis acht Wochen eine weitere Spritze bekommen. "Für mich ist das, als ob wir eine Tür zu einer neuen Welt aufmachen. Und da hoffe ich natürlich, dass wir mit dieser Studie zeigen können, dass wir erstmalig eine Krankheit nicht nur zum Stillstand sondern vielleicht auch in Richtung Verbesserung bringen können. Deswegen ist meine persönliche Hoffnung sehr groß", sagt Julian Großkreutz. Maria wird noch ein paar Tage in Lübeck zur Beobachtung bleiben. Ob und wie das Medikament wirkt, wissen sie frühestens in ein paar Monaten.

*Name von der Redaktion geändert

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 16.09.2023 | 19:30 Uhr

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