Pöbeleien und kaputte Plakate: So läuft der Wahlkampf in SH
Viele Menschen nehmen wahr, dass der Ton während des Bundestagswahlkampfes rauer wird. Auch sind Plakate häufig beschmiert oder abgerissen. NDR Schleswig-Holstein hat die Stimmungslage bei Parteien im Land abgefragt.
Bedrohung sind nach Angaben des Landesverbands der Grünen "leider ein Grundrauschen, das zur Spitzenpolitik gehört". Ins Detail möchte die Partei aber nicht gehen, um diesem Thema keine weitere Plattform zu geben. Im Netz herrsche ein rauer Ton, der den Politikern und Politikerinnen aber selten direkt ins Gesicht gesagt werde. "Die Leute begegnen uns überwiegend positiv und zugewandt", sagt die Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Anke Erdmann. Die Geschäftsführerin des Kreisverbandes Steinburg, Annette Kolb, berichtet, dass Worte wie "Grüne Nazis" schon gefallen seien.
FDP: Mehr zerstörte Plakate - Beleidigungen gegen Kubicki
Die FDP in Schleswig-Holstein bekommt von den Wahlkampfständen überwiegend positive Rückmeldungen. Bei größeren Veranstaltungen komme es allerdings immer wieder vor, dass Wahlhelferinnen und Wahlhelfer beleidigt und beschimpft werden, teilt der Sprecher der FDP, Till Lorenz mit. Im Netz gibt es nach Angaben des Spitzenkandidaten Wolfgang Kubicki eine Menge Beleidigungen: "Ich wurde dort zum Beispiel als 'gottloser Hundesohn' bezeichnet. Außerdem: 'altes Arschloch‘ oder 'Kubicki goes Adolf'." Plakate werden deutlich mehr zerstört als früher. "Die Zerstörungswut hat bei dieser Bundestagswahl ein neues Ausmaß erreicht", sagt Till Lorenz.
CDU-Kandidat Wadephul: Der Ton wird rauer
Spitzenkandidat Johann Wadephul freut sich über viel Zuspruch an den CDU-Wahlständen im Land, sagt aber auch: "Ich merke im Wahlkampf natürlich schon, dass der Ton in Teilen rauer wird." Direkte Beleidigungen gegen seine Person habe er aber noch nicht erfahren. Von der CDU-Kreisgeschäftsstelle in Pinneberg (Kreis Pinneberg) heißt es: "Am Stand werden Politikerinnen und Politiker zum Beispiel mit 'Ihr Dreckspack' beschimpft."
Um zu verhindern, dass es zu kritischen aggressiven Stimmungen beim Straßenwahlkampf kommt, empfiehlt der CDU-Landesverband allen Beteiligten, immer mindestens zu zweit unterwegs zu sein. Zu einzelnen Beschimpfungen sei es bereits gekommen: Im Januar, nach dem Merz-Votum mit der AfD im Bundestag, fielen Worte wie "Faschisten" oder "Nazis". Plakate werden laut CDU häufiger zerstört als früher, vor allem in Kiel und Neumünster. Kleinere Plakate werden zum Teil höher gehängt, damit potentielle Zerstörer nicht mehr rankommen.
SPD: Vereinzelt Pöbeleien und Anfeindungen
Der Spitzenkandidat der SPD, Tim Klüssendorf, kann aktuell aus seinem Wahlkampf nichts über Beleidigungen und Bedrohungen berichten. Natürlich gebe es die "üblichen Sprüche von der Seite" oder "unbedenkliche Pöbeleien" an Infoständen, die aber nicht der Rede wert seien. In Einzelfällen wurden Ehrenamtliche beim Aufstellen von Plakaten von Passanten grob angesprochen.
Truels Reichardt, SPD-Direktkandidat im Wahlkreis Dithmarschen-Nord/Nordfriesland, sagt: "Es wird schon mal ein Stinkefinger gezeigt in der Fußgängerzone." Die SPD-Vorsitzende im Kreis Segeberg, Katrin Fedrowitz, erzählt, dass die Hemmschwelle gegenüber ihr als Frau gesunken sei. Sie solle sich "ihre Flyer in den Ars.. schieben" - so etwas habe sie schon gehört. Die Anfeindungen seien mehr geworden, aber sie habe keine Angst. Wahlplakate werden aus Sicht der SPD wie in jedem Wahlkampf zerstört oder beschmiert. Dies werde generell zur Anzeige gebracht, denn dies gilt als strafbare Sachbeschädigung.
AfD: Beleidigungen wie "Nazi, Faschist, Rassist"
AfD-Spitzenkandidat Kurt Kleinschmidt berichtet von den "üblichen" Beleidigungen wie "Nazi, Faschist, Rassist" und ähnlichen Ausdrücken. Am 8. Februar sei zudem eine Drohung gegen ihn ausgesprochen worden, die er zur Anzeige gebracht habe, da sie weit über die übliche Bedrohung hinausgegangen sei. Nähere Angaben macht Kleinschmidt nicht. Über zerstörte Plakate führt die AfD keine Statistik - so wie alle anderen Parteien ebenfalls nicht. Sachbeschädigungen sind aus Sicht des AfD-Politikers angestiegen: "Anhand von aktuellen Rückmeldungen können wir feststellen, dass es in einigen Kreisverbänden Plakatbeschädigungen beziehungsweise -diebstahl bis etwa 70 Prozent gibt."
Linke: Plakate werden mehr als sonst beschädigt
Aus Sicht der Linken kommt es zu Pöbeleien an Infoständen oder beim Plakatieren. Die Landessprecherin Susanne Spethmann wurde beim Plakatieren mit Dreck beschmissen, begleitet von rechten Sprüchen. Eine Steigerung gegenüber vergangener Wahlkämpfe stellt die Partei aber nicht fest. Plakate werden mehr als sonst beschädigt, heißt es. In Elmshorn (Kreis Pinneberg) etwa schmierten Unbekannte "AfD" auf ein Wahlplakat der Linken.
SSW und BSW haben sich auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein bislang nicht geäußert.
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