Sendedatum: 30.04.2013 21:15 Uhr

Pfusch am Bau: Kein Schutz für Häuslebauer

von Daniel Krull & Alexandra Ringling
Pfusch am Bau: Kein Schutz für Häuslebauer
Schlüsselfertig - klingt risikolos und planbar. Doch 97 Prozent der Bauverträge sind undurchsichtig - und das kann teuer werden.

Schlüsselfertiges Bauen: preiswert, risikolos und planbar - das versprechen Baufirmen mit ihren Eigenheimen zum Pauschalpreis. Doch jedes Versprechen ist nur so gut wie der Vertrag, mit dem es festgeschrieben wird. Nur wenn der Vertrag klare Regeln enthält, kann der private Bauherr das Leistungsversprechen im Ernstfall auch einklagen. Eine neue Studie besagt aber: 97 Prozent der Bauverträge sind undurchsichtig. Und das kann für den Bauherrn richtig teuer werden.

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Bauruine statt Altersabsicherung

Pfusch am Bau: Kein Schutz für Häuslebauer
120.000 Euro für ein schlüsselfertiges Haus: Im Herbst wollte Hartmut Stadermann einziehen. Doch das Haus befindet sich immer noch im Rohbau.

Vor einem Jahr entschlossen sich Hartmut Stadermann und seine Frau zu bauen, in Windbergen. Ein Haus im Grünen, eine sichere Anlage fürs Alter - der Hausmeister träumte vom Eigenheim. Heute lebt er mit einer Bauruine. Finanziell steht ihm das Wasser bis zum Hals - denn das mühevoll Gesparte ist weg.

Dabei schien alles so einfach: Stadermann fand die Baufirma IBG. Die versprach ihm für 120.000 Euro ein schlüsselfertiges Haus. Im Oktober vergangenen Jahres wollte er mit seiner hochschwangeren Frau einziehen. Doch daraus wurde nichts. Ein halbes Jahr später steht immer noch der Rohbau. Die Firma hat das Arbeiten eingestellt - sie ist insolvent. Und Harmut Stadermann steht vor dem Nichts, denn er hatte Vorkasse geleistet, hatte bereits in den ersten Wochen der Bauphase mehr als die Hälfte der Bausumme an die IBG gezahlt.

Undurchsichtige Grauzone

Die IBG nutzte eine Grauzone des Bauvertragsrechts. Sie gestaltete einen undurchsichtigen Vorauszahlungsplan mit unkalkulierbaren Risiken für den privaten Bauherrn. Denn der Vorauszahlungsplan stellte nicht sicher, dass der Kunde auch entsprechende Gegenleistungen für sein Geld erhielt. 650 Kunden sind deutschlandweit betroffen.

Pfusch am Bau: Kein Schutz für Häuslebauer
Dank undurchsichtiger Klauseln merkt der Bauherr oft erst nach dem Einzug, dass Schund verbaut wurde.

Undurchsichtige Klauseln gibt es in Bauverträgen viele. Klassisch: Leistungen werden nicht genau beschrieben. So werden zum Beispiel "moderne Fenster" angeboten. Doch es gibt weder Festlegungen zum Dämmwert, noch zu Qualität und Hersteller. So merkt der Bauherr oft erst nach dem Einzug, dass Schund verbaut wurde. Ein weiteres Beispiel: Es werden konkrete Fertigstellungstermine vereinbart. Was sich gut anhört, kann zu großen Problemen führen, wenn an den Fertigstellungstermin auch ein Festpreis geknüpft ist. Stellt nämlich der Bauherr während der Bauphase Mängel fest, kann der Bauunternehmer mit Verweis auf das vereinbarte Datum argumentieren, dass sich durch die Beseitigung der Mängel die Bauzeit verlängert. Dadurch kann der Bau deutlich teurer werden. Und die Kosten trägt - der Bauherr.

Neue Gesetzgebung gefordert

Fachleute kritisieren seit langem, dass das Bauvertragsrecht nicht ausreicht. "Während man sich um jeden Handyvertrag kümmert und dort Verbraucherschutz relativ weit gediehen ist, hat man sich viel zu wenig Gedanken gemacht um den privaten Bauherrn, der ja in der Regel einem sehr mächtigen und erfahrenen Profi gegenübersteht. Nämlich einer Bauunternehmung," sagt Kay Poulsen vom Verband privater Bauherren. Er fordert eine neue Gesetzgebung, die speziell auf private Bauherren abgestimmt ist. Nach der IBG-Insolvenz rückt dieses Problem auch in den Fokus der Bundesregierung. Eine Arbeitsgruppe soll "Problembereiche im Bauvertragsrecht identifizieren". Ein neues Gesetz wird es aber vor der Bundestagswahl wohl  nicht geben.

Experten empfehlen solange, jeden Bauvertrag vor Unterschrift von einem Baurechtsexperten begutachten zu lassen. Außerdem sollten alle Bauherren während der Bauphase einen eigenen Bauleiter bestellen. Der kontrolliert, ob fachgerecht gebaut wird und schaut außerdem, ob das verbaute Material tatsächlich der Leistungsbeschreibung des Vertrages entspricht. Die Kosten für Anwalt und Bauleiter sind nichts gegen den Ärger, den Bauherren haben können, wenn bei der größten Investition des Lebens etwas schief geht.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 30.04.2013 | 21:15 Uhr

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