Leiche auf dem Balkon: Mann aus Husum freigesprochen
Er hatte bereits gestanden, seine Ex-Frau getötet zu haben. Wegen Schuldunfähigkeit ist ein Mann aus Husum jetzt aber trotzdem freigesprochen worden. Auch eine Unterbringung in eine Psychiatrie wurde nicht angeordnet.
Ein Mann, der in Husum (Kreis Nordfriesland) seine Frau erstochen hat, ist am Donnerstag vom Landgericht Flensburg vom Tatvorwurf des Totschlags freigesprochen worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann die Frau im September 2022 in seiner Wohnung mit einem Küchenmesser erstochen und anschließend in eine Decke gewickelt auf den Balkon gelegt hatte. Der Mann habe aber sicher im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit gehandelt und es sei nicht auszuschließen, dass er zum Tatzeitpunkt schuldunfähig gewesen sei, sagte der Vorsitzende Richter. Daher komme eine Gefängnisstrafe nicht in Betracht.
Gutachter: Mann schließt Gedächtnislücken mit Erfundenem
Im Prozess hatte der Mann erwähnt, dass es Streit zwischen ihm und seiner Ex-Frau um Finanzen gab. Trotz der Scheidung hatte sich die Frau demnach weiter um ihn gekümmert. Laut Gutachter kann sich der Mann an vieles nicht mehr richtig erinnern. Gedächtnislücken schließe er mit frei Erfundenem. Es könne sein, dass er zum Tatzeitpunkt nicht steuerungsfähig war - auch aufgrund von Alkohol und Medikamenten. Entscheidend sei aber: Zu keinem anderen Menschen habe er eine so enge Beziehung wie zu seiner Ex-Frau gehabt. Es sei deshalb höchst unwahrscheinlich, dass sich die Tat wiederholen könne, so der Sachverständige. Somit könne auch keine Unterbringung in eine Psychiatrie oder in eine Entziehungsanstalt angeordnet werden.
Gericht: Voraussetzungen für Einweisung fehlen
Auch wenn der Angeklagte ein "schwer kranker Mann" sei, fehlten die Voraussetzungen für eine Einweisung, da er dem psychiatrischen Gutachten zufolge für die Allgemeinheit nicht gefährlich sei, so das Gericht. "Der psychatrische Sachverständige ist sehr intensiv befragt worden von der Kammer. Demnach besteht keine Gefahr, dass der Angeklagte für andere Personen gefährlich sein könnte. Die Gefährlichkeit hat sich hier allein aufgrund des Krankheitsbildes und aufgrund der ganz konkreten Beziehungsdynamik mit seiner geschiedenen Ehefrau ergeben", so der Sprecher des Landgerichts Flensburg, Stefan Wolf. Der 64-Jährige sei daher freizusprechen, sagte der Kammervorsitzende. Laut dem Gerichtssprecher wurde der Mann bereits aus der Haft entlassen. Zuvor hatten bereits Staatsanwaltschaft und Verteidigung einen Freispruch wegen Schuldunfähigkeit gefordert.
Mann gab Tat zu
Im Laufe des Prozesses hatte der 64-Jährige zugegeben, seine Ex-Frau erstochen zu haben. In einer Erklärung, die der Anwalt vor Gericht vortrug, hieß es, er habe ein Küchenmesser genutzt. Seine Tat sei ihm selbst unbegreiflich, hatte er gesagt. Er verabscheue Gewalt und habe seine Ex-Frau nicht töten wollen. Der Mann wickelte danach eigenen Angaben zufolge die Leiche in eine Decke und legte sie auf den Balkon. Er habe nicht gewusst, was er tun solle, da er eine Bestellung erwartet habe. Anschließend habe er versucht, sich das Leben zu nehmen. An die Tat selbst und warum es dazu kam, erinnere er sich nicht wirklich.
Erst Krankenhaus, dann Untersuchungshaft
Der Mann hatte damals nachts selbst einen Notruf abgesetzt. Von der Leiche erzählte er den eintreffenden Beamten nach Angaben der Polizei aber nichts. Stattdessen behauptete der damals 63-Jährige nach der Tat, er sei überfallen worden. Der Mann hatte Schnittwunden am Körper, die auf einen Suizidversuch hindeuteten. Er kam ins Krankenhaus. Die Beamten verzichteten darauf, die Wohnung näher zu untersuchen. Das geschah dann erst am folgenden Mittag, nachdem seine getrennt lebende Ex-Frau als vermisst gemeldet wurde. Ihr Leichnam mit Stichverletzungen wurde dann auf dem Balkon entdeckt. Der Mann kam in Untersuchungshaft.