Krippenweg Krumstedt: Spaziergang wird zur Entdeckungsreise
Mal angenommen, jeder Mensch hätte eine Mission - der Krumstedter Krippenweg, er wäre die Mission von Norprecht Liebs. Seit inzwischen 30 Jahren stellt er jedes Jahr pünktlich zur Adventszeit Weihnachtskrippen an einem Waldweg bei Krumstedt auf.
Eigentlich ist es ein ganz gewöhnlicher Waldweg, wie es ihn zuhauf im Land gibt. Ein Asphaltweg, links ein kleiner Graben, dahinter Fichten. Rechts ein kleiner Grünstreifen und noch mehr Fichten, Büsche und Sträucher. Moos wächst am Wegesrand, auf einem Baumstumpf, an einem kleinen Wall. Norprecht Liebs hat sich genau diesen gewöhnlichen Spazierweg ausgesucht für ein besonderes Projekt.
Aus dem kleinen Projekt wurde ein Selbstläufer
Der 83-Jährige läuft über den Asphaltweg in Krumstedt (Kreis Dithmarschen) und zeigt nach links: "Sehen Sie, hier ist bereits die erste Krippe." Er liebt das Handwerk. Er bereitet anderen Menschen gerne eine Freude. Und Kinder liegen ihm besonders am Herzen, sagt er. Also stellte er einfach irgendwann mal, so ganz genau weiß er das nicht mehr, eine Krippenfigur an den Wegesrand. Einfach so. Sie blieb stehen, wurde nicht geklaut. Also stellte er mehr dazu. Norprecht Liebs bleibt immer wieder stehen und tritt an die Krippen heran. Bei einer schaut er zunächst etwas verwundert, dann beginnt er zu lächeln: "Diese beiden Figuren hier, die sind geschnitzt und von mir. Und nun steht dahinter ein Engel - der ist gar nicht von mir." Sein Projekt wurde über die vergangenen 30 Jahre zum Selbstläufer. Immer wieder stellen Menschen eigene Figuren und Krippen dazu. Für den Initiator ein Erfolgserlebnis: "Das ist doch toll, dass die Leute so kreativ werden."
Spaziergänger kommen nur wegen der Krippen
Nach einem Besuch in Bayern kam Liebs auf die Idee, selbst Weihnachtskrippen herzustellen. Er bastelte stundenlang, tagelang - ach, wochenlang in seiner Werkstatt. Und mit der Zeit wanderten auch seine Krippen in den Krumsteder Wald. Inzwischen hat er etwa 500 oder 600 selbst gebaut, natürlich stehen nicht alle im Krumstedter Wald, aber jedes Jahr ein gutes Dutzend.
Kerstin Carstens ist mit ihrer Familie aus Tensbüttel (Kreis Dithmarschen) hergekommen - wegen der Krippen: "Das gibt es ja schon viele, viele Jahre." Unter dem Wurzelwerk eines Baumstumpfes hat Norprecht Liebs eine Krippe aufgebaut - und diese schaut sich Kerstin Carstens ganz genau an. Sie ist bereits zum zweiten Mal in dieser Adventszeit hier. Beim letzten Besuch seien viele Krippen vom Schnee bedeckt gewesen. Umso erfreuter ist sie, dass sie dieses Mal einen Blick auf alle Krippen werfen kann: "Wenn wir es irgendwie schaffen, dann kommen wir auf jeden Fall her."
Liebs: "Das ist ein Erfolgserlebnis"
Für Norprecht Liebs ist das genau das der Antrieb: Die Freude bei den Menschen, die er mit den Krippen und Figuren auslöst. Es sei nichts großes, aber doch sei die Wirkung da. Wobei mittlerweile auch Spaziergänger selbst Krippen aufstellen. Mitgebrachte oder auf Tannenzapfen, Zweigen, Steinen und Blättern vor Ort hergestellt. Auch Ulrike Todt aus Nindorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) ist extra für die Besichtigung der Figuren aus Holz, Kunststoff und Stroh mit ihrem Mann und den beiden Kindern hier: "Es gibt so viele unterschiedliche. Das ist echt einzigartig hier." Und: "In diesem Jahr haben wir sogar selbst eine hier aufgebaut."
Noch bis zum 6. Januar zu besichtigen
Und wieder huscht ein Lächeln über Norprecht Liebs Lippen: "Wenn ich sehe, wie Kinder jubelnd von Krippe zu Krippe laufen, dann ist das einfach schön. Das ist ein Erfolgserlebnis." Gemeinsam mit seiner Frau entwickelt er immer neue Kreationen rund um die Weihnachtskrippe. Er kümmert sich um die Holzarbeiten, seine Frau die Kleinteile. Und sie bastelt die Strohsterne, die in den Bäumen am Wegesrand hängen. Wie lange er das noch machen will, weiß er nicht. Auf jeden Fall, so lange er fit genug ist, die Krippen auch eigenständig im Wald aufzubauen. Gestohlen wurde laut Norprecht Liebs in all den Jahren noch nichts. Am 6. Januar wird er erneut in den Wald fahren und seine Krippen einsammeln. Und sie dann wieder einlagern - bis zum nächsten Winter.