Wenn einer Schwarzen Frau der Gang zur Toilette verwehrt wird
Die Antidiskriminierungsstelle des Landes Schleswig-Holstein hat ihren jüngsten Tätigkeitsbericht vorgestellt - inklusive alarmierender Fälle von Rassismus. Die Leiterin der Stelle fordert Strafen.
Hunderte Menschen haben sich in den vergangenen beiden Jahren an die Antidiskriminierungsstelle des Landes Schleswig-Holstein gewendet. Im Berichtszeitraum 2021/2022 habe es 667 Vorgänge gegeben, sagte Leiterin Samiah El Samadoni (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung ihres jüngsten Tätigkeitsberichts. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren bedeutete das einen leichten Rückgang um 31 Fälle.
Toilettenschlüssel nur für den Weißen Freund
Die Fälle sind dabei teilweise sehr spezifisch, so wurde zum Beispiel einer jungen Schwarzen Frau in einer Gaststätte auf mehrfache Nachfrage kein Toilettenschlüssel ausgehändigt. "Ihrem Weißen Freund wurde dann allerdings wenige Momente später der Schlüssel ausgehändigt, als er danach fragte", sagte El Samadoni. Der Betreiber habe keine Bereitschaft gezeigt, der Angelegenheit nachzugehen.
Signal für Fachkräfte aus dem Ausland
El Samadoni sprach sich dafür aus, auf Landesebene für ausgrenzendes Verhalten Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände zu schaffen, zum Beispiel auch bei rassistischen Diskriminierungen beim Einlass in Diskotheken oder auf dem Wohnungsmarkt.
"Gerade wenn vermehrt auf den Zuzug von Personal aus dem Ausland gesetzt wird, um dem Mangel an Fachkräften entgegenzuwirken, wäre dies ein wichtiges Signal", ergänzte El Samadoni. Sie betonte auch die mögliche Dunkelziffer diskriminierender Fälle, denn viele Opfer scheuten eine Klage aufgrund der möglichen Kosten vor Gericht.
Arbeitgeber verstoßen oft gegen Pflichten
Laut El Samadoni sind auch Fälle von öffentlichen Arbeitgebern bekannt, die gegen die Einladungspflicht von Menschen mit Behinderung verstoßen haben. Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle berichtete von einer schwerbehinderten Frau, die dreimal nicht von einer Kreisverwaltung zum Auswahlgespräch eingeladen worden sei. Die Betroffene habe vor Gericht später 6.000 Euro erstritten.
Diskriminierung aufgrund des Alters
Auch die älter werdende Gesellschaft birgt Inhalt für Diskriminierungen. So wurde laut Bericht einem über 60-jährigen Triathleten eine Kampfrichter-Ausbildung verwehrt. Ebenso erging es einem Unternehmer, der sich als Sozialrichter betätigen wollte - im Norden gelte für diese eine Altersgrenze von 73 Jahren. In anderen Bundesländern gebe es überhaupt keine Altersgrenze, heißt es in El Samadonis Bericht.
Geschlechterdiskriminierung in Stellenausschreibungen
Ein weiteres Thema in dem Bericht sind Stellenausschreibungen, die gegen das Verbot der Geschlechterdiskriminierung verstoßen. Sie müssen in ihren Formulierungen inklusiv männlich, weiblich und divers berücksichtigen. Gleich doppelt diskriminierend war laut El Samadoni eine Stellenausschreibung mit dem Titel "Putzfee und Gartenzwerg gesucht".
El Samadoni: Corona hat für Spaltung gesorgt
In den Jahren 2021 und 2022 bekam die Stelle auch etwa 280 Petitionen im Zuge der Corona-Pandemie. El Samadoni sagte dazu: "Das Thema Corona wurde für eine Spaltung der Gesellschaft genutzt und hat auch wirklich Folgen in der Gesellschaft hinterlassen." Durch die Pandemie und den Umgang mit ihr sei der Staat in Teilen der Bevölkerung zum Feindbild geworden. Dies betrachtet El Samadoni "mit Sorge".
In einer vorherigen Version dieses Artikels haben wir die Begriffe "dunkelhäutige Frau" und "weißer Freund" verwendet. Wir haben die Formulierungen in "Schwarze Frau" und "Weißer Freund" geändert - angelehnt an das Glossar für diskriminierungssensible Sprache von Amnesty International.