Brunsbütteler Spedition setzt auf E-Lkw
Die Spedition Kruse will einen Beitrag auf dem Weg zu nachhaltigem und klimaneutralem Transporten leisten und hat die ersten E-Lkw im dauerhaften Betrieb. Damit nimmt sie laut Umweltministerium eine Vorreiterrolle ein.
Drei E-Lkw sind schon da, zwei weitere sollen im August dazukommen. Die Spedition Friedrich A. Kruse jun. aus Dithmarschen will mit fünf elektrisch angetriebenen Lkw neue Wege gehen. "Unser Unternehmen hat noch nie alternative Antriebsformen gescheut. Wir sind mal mit LNG-getriebenen Lkw gestartet, jetzt möchten wir das Thema E-Mobilität ausprobieren", sagt Geschäftsführer Friedrich Kruse. "Die ersten acht Wochen haben wir gute Erfahrungen gemacht." Kruse hat über zwei Millionen Euro investiert.
Ladesäulen auf Firmengelände
Die Spedition Kruse arbeitet beim Thema E-Mobilität mit den Stadtwerken Brunsbüttel zusammen. Direkt auf dem Firmengelände im Industriegebiet Brunsbüttel stehen derzeit zwei 400-Kilowatt-E-Ladesäulen, dort können derzeit zwei E-Lkw gleichzeitig mit je 200 Kilowatt geladen werden. Doch Kruse hat bereits weitere Pläne. "Wir investieren und planen eine 1,6 Megawatt starke Photovoltaikanlage hier am Standort. Damit können wir dann sowohl das ganze Firmengelände als auch die E-Ladesäulen mit Solar-Strom versorgen." Wenn alles klappt, soll die Photovoltaikanlage Ende des Jahres in Betrieb genommen werden.
Umstellung für Fahrer
Zwei Fahrer haben bereits Erfahrungen mit den ersten E-Lkw gemacht. Jolick Tiedemann hatte sich gleich nach dem Bekanntwerden der Anschaffung beim Speditionsleiter gemeldet.
"Ich habe immer Lust auf was Neues im technischen Bereich - und bei mir ging sofort der Daumen hoch. Da hab ich mich richtig drauf gefreut. Sich da reinzufuchsen ist genau mein Ding." E-Lkw-Fahrer Jolick Tiedemann
Sein Kollege Holger Albinus, seit zehn Jahren bei Kruse, fand die Umstellung zum E-Lkw zuerst gewöhnungsbedürftig. Mittlerweile ist auch er begeistert. "Der E-Lkw ist in allem komfortabler, er ist leiser, das Schalten ist angenehmer. Die Vorteile überwiegen." Sein Kollege Tiedemann ergänzt, auch für andere Verkehrsteilnehmer sei einiges noch ungewohnt. "Im Vergleich zum Diesel-Lkw ist der E-Lkw deutlich leiser. Immer mal wieder hören wir: 'Wir haben euch gar nicht gehört'. Und da müssen wir uns als Fahrer auch drauf einstellen."
Einsatz im Nahverkehr
Die elektrischen Lastwagen werden bei Spedition Kruse derzeit ausschließlich im Nahverkehr eingesetzt. Und das hat vor allem logistische Gründe. Fahrer Tiedemann: "Die Lkw werden ja hier auf dem Betriebshof aufgeladen, das dauert zwei Stunden. Und dann müssen wir immer auf die Anzeige achten, da müssen wir natürlich umdenken. Früher waren das Liter, jetzt müssen wir in Kilowattstunden denken." Zwei Touren werden sehr häufig angefahren - der Hamburger Hafen und ein Kunde in Norderstedt. "Wenn der E-Lkw voll aufgeladen ist, schaffen wir das sogar hin und zurück", so Tiedemann.
E-Lkw passt zum Klimakonzept des Kunden
Die Firma Jungheinrich Gabelstapler in Norderstedt wird seit einigen Wochen von den elektrischen Lastwagen der Spedition angefahren. Projektleiter Nils Sander sagt, der E-Lkw passe voll in das Klimakonzept seines Unternehmens.
"Wir haben uns vor Jahren entschlossen, uns dem Pariser Klimaabkommen anzuschließen. Und da passt es sehr gut, dass Firma Kruse uns mit E-Lkw anfährt, da ziehen wir an einem Strang." Nils Sander, Firma Jungheinrich Gabelstapler
Bis 2030 wolle man Klimaneutralität in den Bereichen eigenverbrauchte Energie und zugekaufte Energie erreichen, beschreibt Sander die ehrgeizigen Ziele der Firma. Die erste Zwischenbilanz für die Belieferung mit E-Lkw falle durchweg positiv aus, wichtig sei für ihn vor allem Pünktlichkeit, und da brauche man keine Abstriche im Vergleich zum Diesel-Lkw machen, so Sander. Beim Thema Kosten schneide der E-Lkw allerdings schlechter ab - und auch die Kunden müssen laut Spedition mehr bezahlen. Konkrete Summen will der Firmenchef aber nicht nennen.
Logistik-Verband weist auf Probleme hin
Der Unternehmensverband Logistik Schleswig-Holstein will den Umbau hin zu alternativen Antrieben unterstützen. Geschäftsführer Thomas Rackow weist darauf hin, dass manche Kunden, wie zum Beispiel Entsorgunsgbetriebe, sogar einen bestimmten Anteil von Lkw mit klimaneutralem Antrieb verlangen würden. Es sei aber bislang nur ein kleiner Teil aller Lastwagen in Schleswig-Holstein, die mit alternativen Antrieben fahren.
Er gehe von ein bis zwei Prozent aus. Auch Rackow weist auf die hohen Anschaffungskosten hin. Es gebe derzeit kaum Fördermittel, nur von der Maut seien E-Lkw aktuell befreit. Die Folge: Es könnten sich nur die größeren Speditionen die Anschaffung der elektrischen Alternative leisten. Dazu komme die noch fehlende Infrastruktur bei den Ladesäulen. Weil der Ausbau nur schleppend vorankomme, sei es aus seiner Sicht eher eine Option für den Stadtverkehr. Infrage kommen laut Rackow zum Beispiel Paket- und Lieferdienste im unmittelbaren Nahverkehr.
Berechnung von Wissenschaftlern
Experten des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe haben in einer Studie untersucht, wie viele E-Ladesäulen man in Europa braucht. Basis ihrer Berechnungen: Bis 2030 sind 15 Prozent aller Lkw in Europa batteriebetrieben. Dafür reichten dann 1.000 Schnellladestationen aus, um gut 90 Prozent des erwarteten E-Ladeverkehrs in Europa zu versorgen. In Deutschland würden laut Studie 150 bis 200 Ladestationen ausreichen.
Das sei grundsätzlich ein realistisches Ziel. Aber: Politik und Wirtschaft müssten die zügige Umsetzung von Schnellladestationen auf den Weg bringen. Nur so könne man es kleineren Logistikunternehmen ohne eigene Ladestation im Depot ermöglichen, bei der Transformation zur E-Mobilität mitzumachen. Grundsätzlich müssten auch die mit Wasserstoff angetriebenen Lkw weiterentwickelt werden, aber auch hier gebe es das Problem der fehlenden und flächendeckenden Lade-Infrastruktur. Notwendig seien bei beiden Antriebsformen öffentliche Zuschüsse. Die Bundesregierung müsse entscheiden, wo sie mehr Fördermittel bereitstellen wolle, so die Experten des Fraunhofer-Instituts.
E-Lkw sollen Hunderte Tonnen CO2 einsparen
Die Spedition Kruse zieht jedenfalls ein positives erstes Fazit. Die E-Lkw seien gut geeignet für regionale und innerstädtische Transporte. Laut der Brunsbütteler Spedition wird die Lärmbelästigung reduziert, nahezu kein Feinstaub ausgestoßen und mit den fünf elektrischen Lastwagen könnten etwa 860 Tonnen CO2 gegenüber herkömmlichen Diesel-Lkw eingespart werden.