Amrumer Mühle: Vom Seemann zum Müller
Die Windmühle von Amrum kam als Second-Hand-Technik auf die Insel, importiert von einem Seemann. Der Verein, der sich um ihren Erhalt kümmert, besorgt das nötige Geld auch über Kunstausstellungen.
Der Mann im blau-gestreiften Hemd lacht. "Das ist schon alles ein bisschen schief hier", sagt er. Mit der linken Hand hält er ein Gemälde, mit der rechten versucht er die Wasserwaage auszubalancieren. "Auch ein bisschen niedrig. Und ein bisschen eng", meint Kai Quedens, der gebürtiger Amrumer ist. Hauptberuflich arbeitet er als Künstler, nebenberuflich engagiert Quedens sich seit Jahren für die Mühle.
Der Verein ist auch schon 60 Jahre alt
Die Mühle als Galerie zu nutzen, hat hier seit 60 Jahren Tradition. Dafür sorgt seit jeher der Amrumer Mühlen-Verein, der die Veranstaltungen organisiert. "Wir vom Vorstand des Vereins und einige Helfer arbeiten hier sehr viel ehrenamtlich, aber nicht alles läuft natürlich ohne Rücklagen. Die Ausstellungen sind für uns überlebensnotwendig", erklärt Vereinsvorstand Volker Langfeld und fügt an: "Wir erhalten von den Bildern eine Provision. Deswegen sind wir bestrebt, Künstler zu haben, die schon einen Namen haben. Denn umso mehr Bilder verkauft werden, umso mehr bleibt für die Mühle über."
Älteste Achtkant-Windmühle in Schleswig-Holstein
Diese Idee ist aus der puren Not entstanden. Denn die Windmühle in Nebel ist die älteste Achtkant-Windmühle in Schleswig-Holstein und wohl auch die älteste Mühle dieser Art in ganz Deutschland. Diesen Schatz zu erhalten, kostet jährlich 30.000 Euro - wenn nichts Großes kaputtgeht, sonst wird es teurer. Um Jahr für Jahr ihre Mühle zu retten, mussten die Amrumer erfinderisch werden beim Geldverdienen. Was sie schon immer waren - auch der Mann, der einst die Mühle nach Amrum brachte.
Als die Seefahrt nichts mehr einbrachte
Doch wie alt ist sie denn eigentlich? Als das Holz für diese Mühle geschlagen wurde, da hatte Galileo Galilei gerade nachgewiesen, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Der Denkmalschutz hat das Alter verifiziert durch Bohrungen im Holz. Demnach wurde das Holz zwischen 1610 und 1640 in Nordskandinavien geschlagen und gegen 1650/1670 in Holland zu einer Mühle verarbeitet. Einhundert Jahre stand sie dort, bis der Amrumer Seefahrer Erk Knudten sie kaufte. Er wurde ihr erster Müller.
Sein Grabstein auf Amrum erzählt sein Leben und Georg Quedens, der Vater von Maler Kai Quedens, hat die Geschichte der Mühle erforscht: "Zuerst war Knudten Seemann und war drei Jahre als Schiffer gefahren. 1771 hat er sich diese Mühle errichten lassen. Die goldenen Zeiten des Walfangs waren da schon vorbei. Immer weniger Wale schwammen durch das Eismeer." Quedens erklärt weiter: "Das war die Zeit, als der Walfang durch den Raubbau in eine Krise geriet und es Zeit wurde für die Amrumer, sich auf die Landwirtschaft auszurichten. Insofern war der Bau dieser Mühle eine weit vorausschauende Tat."
Im Walfang, der die Amrumer Seeleute lange reich gemacht hatte, war nicht mehr genug zu verdienen. Erk Knudten ließ die in Holland gekaufte Mühle dort demontieren, verpacken, nach Amrum verschiffen - und dort wieder aufbauen.
Kunstverkauf hält das Denkmal lebendig
Doch 200 Jahre später rentierte sich auch die Mühle nicht mehr. 1963 entscheidet sich der letzte Müller Hans Kristensen, die Mühle zu verkaufen. Um die Mühle zu bewahren, gründeten die Amrumer damals den Verein zur Erhaltung der Amrumer Windmühle e.V., der seit Januar 1964 die Mühle pflegt.
Nach der diesjährigen Vernissage sind Kai Quedens und Rasmus Hirthe zufrieden. Vereinsvorstand Volker Langfeld auch. Er klebt den fünften roten Punkt an eines der Gemälde. "Verkauft", sagt er: "Ist doch gut, richtig gut für die Mühle. So haben wir uns das vorgestellt." Für die Amrumer Mühle ist diesmal ein großer vierstelliger Betrag zusammengekommen. Und so dreht sie sich weiter, auch nach 350 Jahren.