850 Jahre Dom zu Lübeck: Eine Kirche, die (fast) alles überstanden hat
850 Jahre steht der Dom in Lübeck bereits. Ein Grund zu feiern, denn in den Jahren ist einiges passiert, wie ein Blick in die Geschichte zeigt.
Es klang eigentlich fast schon einfach, denn "geo - die Luftwerker" haben schließlich schon für den Aktionskünstler Christo den Pariser Triumphbogen verhüllt. 25.000 Quadratmeter Stoff verarbeitete damals die Lübecker Firma am Arc de Triomphe. Da ist doch im Vergleich so eine Geburtstagsschleife um die Dom-Türme herum mal schnell gemacht. Doch der Dom ist wehrhaft: Erst muss ein Flaschenzug hergebracht werden, da Banderole und Schleife mit fast 100 Kilogramm Gewicht doch etwas schwer waren, dann verweht ein scharfer Ostwind tagelang das Projekt. Als es endlich so weit ist und die Kletterer ein Stück weit den 114 Meter hohen Nordturm besteigen wollen, fallen Steine herab und so bleiben aus Sicherheitsgründen erst einmal alle am Boden. Eine Woche später ist die Banderole dann endlich am Turm, die Schleife soll folgen.
Der Dom ist eine Patchwork-Kirche der besonderen Art
Die Handwerker, die 1173 mit dem Bau des Lübecker Doms beginnen, durften gewusst haben, dass sie die Fertigstellung 70 Jahre später wohl nicht mehr erleben würden. Während auf der Lübecker Altstadtinsel die Häuser drumherum aus Holz und Lehm gebaut werden, soll das Haus Gottes - der domus dei - für die Ewigkeit sein. Backstein ist die Zauberformel für den Dom, die romanische Basilika wird 1247 geweiht. Doch eigentlich geht es nun erst so richtig los: am nördlichen Querhaus wird das sogenannte "Paradies" angebaut, eine Eingangshalle. Die Seitenschiffe werden angehoben, der Baukörper mit einem Chor verlängert. Aus der romanischen wird ab 1266 eine gotische Hallenkirche. Erst werden riesige Quader zu eckigen Säulen erhoben, dann folgen darauf runde, schlanke Säulen. Erst 1341 ist der nunmehr 132 Meter lange Dom in seiner heutigen Form vollendet. Doch Wind und Wetter setzen dem Gotteshaus zu, mal muss ein Turmhelm ersetzt werden, mal fliegt die Turmkugel samt Wetterhahn in den benachbarten Mühlenteich.
1942 treffen schwere Luftangriffe den Dom
Fast wäre die lange Geschichte des Doms an Palmarum 1942 zu Ende gegangen. In den schweren Luftangriffen in der Nacht zum Palmsonntag treffen Bomben das östliche Gewölbe, zerstören den Hochaltar, ein Feuer im Dommuseum greift auf den Dachstuhl über, die Orgel verbrennt, es stürzen die Turmhelme nieder. Ein Jahr nach Kriegsende stürzt dann auch noch der Giebel des nördlichen Querschiffes ein und zerstört das "Paradies".
Und dennoch können Kunstschätze, Triumphkreuz und Flügelaltäre gerettet werden. In der Innenstadt mit seinen sieben Türmen beginnt der Wieder-Aufbau, der erst 1982 beendet wird. Jetzt läuft die Sanierung der Domtürme: eine neue Zauberformel aus Backstein und Spezialmörtel wird gesucht, für eine möglichst lange Ewigkeit. Denn eigentlich ist aus heutiger Sicht der Baugrund für ein solches Baudenkmal ungeeignet, dabei steht er da nun schon 850 Jahre.
Carlos Blohm: 50 Jahre Dom-Kümmerer
Die erste Begegnung mit dem Dom zu Lübeck verdankt Carlos Blohm ein paar Freunden, die ihn zur Aufführung von Beethovens Oper Fidelio mit in das Gotteshaus nehmen. Er ist fasziniert und bleibt es als "Dom-Kümmerer" über 50 Jahre lang bis heute. Der in Uruguay geborene Blohm ist eigentlich gelernter Flugzeugbauer. Ein Flieger ist ein komplexes System mit einem kompromisslosen Sicherheitsstandard, wird der heute 75-Jährige im Dom-Blog zitiert und vergleicht dieses Muster mit den heutigen Baumaßnahmen am und im Dom. Für ihn ist die Größe des Doms vergleichbar mit einem Flugzeug Typ A380.
Ehrenamtlich ist Carlos für die "Wartung" zuständig, koordiniert die Handwerker und Baumaßnahmen, klebt auch schon mal selbst Filzgleiter unter die 400 schweren Domstühle oder liest am Sonntag im feinen Anzug das Evangelium. Legendär soll in der Adventszeit sein selbstgebackenes Nussbrot sein. Und wo hält sich Carlos am liebsten im Dom auf? "Im Ostchor, da ist so viel Licht und Helligkeit. Sonst sind ja Kirchen oft düster und kühl, hier aber strahlt diese spezielle weiße Farbe so viel Wärme aus."
Die Festwoche, die eigentlich zehn Tage lang ist
Beethovens Fidelio wird in der Festwoche (23. Juni - 2.Juli) diesmal nicht gespielt, dafür aber zwölf Mal Shakespeares "Romeo und Julia", live vom Ensemble des Theaters Lübeck und Open-Air im Domhof (Premiere am 30.6. um 20 Uhr). Premiere feiert auch Dompastorin Margrit Wegner, die mit vier Kolleginnen und Kollegen am 24. Juni ab 10 Uhr ein XXL-Tauffest feiert: unter freiem Himmel mitten im Krähenteich. 31 Täuflinge haben sich bereits angemeldet und die Dompastorin hofft auf noch mehr. Sie selbst bleibt übrigens im Dresscode des Talars, "aber diesmal barfuss".
Die Festwoche bietet im und rund um den Dom viel Musik, Führungen, Vorträge unter anderem mit Bundespräsident a.D. Joachim Gauck (27. Juni, 19 Uhr) und viel Spiel und Spaß. So gibt es auch ein Escape-Room-Spiel für Jugendliche und Erwachsene im Dom (26. Juni, 19 Uhr). Das ganze Festprogramm gibt es auch online nachzulesen.