Erst Tankstellenräuber, jetzt Tankwart: Osnabrücker wagt Neuanfang
Sobald bei Martin Weimer das Handy klingelt, schwingt er sich auf seinen Motorroller. Denn heute ist er mobiler Tankwart. An einer Tankstelle begann auch seine "Karriere" - allerdings als Tankstellenräuber ...
Mit wenigen Handgriffen wechselt Martin Weimer die Batterie eines 20 Jahre alten Porsche. Als ausgebildeter Tankwart kann und darf der Osnabrücker Kleinreparaturen ausführen, eine Batterie austauschen oder neue Schweinwerfer einbauen. Sehr zur Freude seiner Kunden, die nun nicht mehr in die Werkstatt fahren müssen. Denn Weimer ist mobiler Tankwart.
Keine Zeit mehr für die Werkstatt
Die Idee dazu kam ihm, als er noch regulär an einer Tankstelle gearbeitet hat. "Ich hatte immer wieder Kunden dort, da habe ich gesagt: Hör zu, an deinem Auto ist ein Licht kaputt, ich repariere dir das gerade", erzählt Weimer. In den meisten Fällen kommt es aber nicht dazu: "Ich habe immer wieder gehört, ich hab keine Zeit, die Kinder warten, ich muss zum nächsten Termin."
"Warum bringe ich die Werkstatt nicht einfach zu den Leuten?"
Mit dem Auto in die Werkstatt zu fahren, bedeutet immer auch, zusätzlich Zeit dafür einplanen zu müssen. Das weiß Weimer ganz genau und denkt sich: "Warum bringe ich die Werkstatt nicht einfach zu den Leuten nach Hause?" Eine Marktlücke, die der 41-Jährige nutzt. Mit einer Förderung des Arbeitsamtes macht er sich selbstständig, besorgt sich Werkzeug und einen Motorroller. In die Werkstatt muss jetzt keiner mehr. Stattdessen kommt Weimer direkt zu seinen Kunden nach Hause. Doch dass es einmal so weit kommt, hätte Weimer selbst am wenigsten erwartet.
Tankstellenraub - mit 19 Jahren
Er ist schon jung auf sich allein gestellt, kommt mit 15 Jahren in eine Jugendhilfeeinrichtung. "Ich wurde in der Schule gemobbt und das hat sich natürlich auch in meinem Verhalten zuhause gezeigt", berichtet Weimer. Als er 19 Jahre alt ist, wird das Geld knapp und Weimer überfällt kurzerhand eine nahe gelegene Tankstelle. Ein Nachbar gibt der Polizei den entscheidenden Tipp, so Weimer: "Der hatte von dem Überfall gehört und gesehen, dass ich plötzlich Geld hatte."
Im Gefängnis zum Glauben gefunden
Als die Ermittler bei ihm vor der Haustür stehen, kommt Weimer gar nicht auf die Idee, die Anschuldigungen zu leugnen. Drei Jahre geht er für den Raub ins Gefängnis. "Am Anfang war das schon hart", erzählt er. Doch schließlich findet er Halt im Glauben und schwört sich selbst, nach der Entlassung auf die richtige Spur zu kommen - und vor allem: dort zu bleiben.
"Für mich zeigt es, dass Gott Humor hat"
Das ist leichter gesagt als getan: Drei Lehren bricht Weimer nach der Zeit im Gefängnis ab, bis er sich zum Tankwart ausbilden lässt - ausgerechnet. Der Ironie ist sich Weimer durchaus bewusst: "Für mich zeigt es, dass Gott Humor hat."
Gartenbaufirma als Stammkunde
Inzwischen hat Weimer sich einen kleinen Kundenstamm aufgebaut, betreut auch den Fuhrpark einer Gartenbaufirma. "Martin kam auf einer Baustelle auf uns zu, weil er gesehen hatte, dass an einem unserer Wagen das Rücklicht kaputt war. Er hat dann direkt angeboten, das zu reparieren", erzählt Juniorchef Simon Stolze. "Wir konnten das relativ schnell abklären, dass der Martin das für uns repariert und ein paar Tage später ist er bei uns im Büro vorstellig geworden."
Kunden rundum zufrieden
Jeden Mittwoch kommt Weimer nun in der Firma vorbei, immer nach Feierabend, wenn alle Autos zurück sind. Er checkt einmal alle Lichter durch, überprüft den Reifendruck, führt kleine Reparaturen aus. Dieses Mal hat er einen großen Seitenspiegel dabei, der gewechselt werden muss. "Es ist eigentlich immer was", meint Simon Stolze. "Wir haben nur nicht immer die Zeit, damit in die Werkstatt zu fahren. Stattdessen macht das jetzt Martin." In der Gartenbaufirma ist man mit Weimers Arbeit mehr als zufrieden und ist sich sicher: Seine Geschäftsidee hat Zukunft.