Nackt auf der Wache? Aktivistin beschuldigt Polizei Osnabrück
Eine Klimaaktivistin wirft der Osnabrücker Polizei vor, dass sie sich auf der Wache komplett ausziehen musste. Die Polizei weist die Vorwürfe von sich. Die Politik verlangt Aufklärung.
Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: Am vergangenen Sonnabend sitzt eine junge Frau mitten auf einer belebten, aber verkehrsberuhigten Straße. Um, wie sie sagt, friedlich gegen die Klimakrise zu protestieren. Die Autos müssen um sie herum kurven. Nach einer halben Stunde kommt die Polizei und fordert die junge Frau dazu auf, ihre Aktion abzubrechen. Ihre Personalien will die Aktivistin nicht preisgeben - und wird deshalb mit zur Wache genommen. Dort werden ihre Fingerabdrücke genommen und ihre Kleidung durchsucht, dabei sind zwei Polizistinnen mit im Raum.
Aktivistin sagt, sie musste ihre Unterwäsche ausziehen
So weit stimmen beide Versionen überein. Was dann geschieht, schildert die junge Frau, die sich Lynn nennt, so: "Mir wurde gesagt, das sei jetzt kein Scherz, ich soll jetzt auch die Unterwäsche ausziehen." Lynn sagt, sie habe die Unterwäsche ablegen und sich danach um die eigene Achse drehen müssen. "Die einzig rationale Erklärung, die ich stellen kann, ist, dass nach auffälligen Tattoos, Narben, irgendwie Körpermerkmalen geschaut wurde."
Polizeisprecherin widerspricht
Polizeisprecherin Constanze Heine beschreibt die Situation dagegen völlig anders. Bei der körperlichen Durchsuchung habe die Aktivistin "sukzessive ihre Kleidung abgelegt, diese wurde dann von den Polizeibeamtinnen durchsucht, im Anschluss wieder ausgehändigt, so dass sie sich unmittelbar danach wieder anziehen konnte", sagt Heine. Es habe aber "zu keinem Zeitpunkt eine ganzheitliche Entkleidung stattgefunden".
Vollständiges Ausziehen laut Jurist unverhältnismäßig
Dass sich Menschen auf der Wache teilweise entkleiden müssen, ist bei Identitätsüberprüfungen offenbar nicht unüblich. "Die Polizei durfte die Aktivistin mitnehmen und auch Jacke, Hose, Pulli durchsuchen", sagt der Osnabrücker Strafrechtler Joe Thérond. Das komplette Entkleiden dagegen sei nicht verhältnismäßig. "Das hätte meiner Auffassung nach eine rechtswidrige Diensthandlung dargestellt. Das ist eine Zwangsmaßnahme und die könnte auch für die Polizeibeamten Konsequenzen haben, wenn es denn so gewesen ist", so der Jurist.
Grüne kündigen Antrag ans Innenministerium an
Die Grünen im Niedersächsischen Landtag fordern Aufklärung. Volker Bajus, grüner Landtagsabgeordneter aus Osnabrück, hat bereits angekündigt, den Fall ins Landesparlament zu bringen. "Die ganze Angelegenheit muss aufgeklärt werden, denn das wäre ein schwerer Verstoß der Osnabrücker Polizei. Deswegen werde ich eine Anfrage stellen, denn dafür ist das Parlament da, Kontrolle auf die Exekutive auszuüben", so Bajus. In den nächsten Tagen werde er seine Anfrage im Innenministerium einreichen.