Amok-Alarm ausgelöst: Was sind die Folgen für die Schüler?
Vergangenen September hatte ein 14-Jähriger mit einer Soft-Air-Waffe vor einer Osnabrücker Schule hantiert und einen Großeinsatz ausgelöst. Was sagen Psychologen zu den Folgen für die Schüler?
Niemand wurde verletzt an diesem 28. September 2023. Und doch hat der Großeinsatz von Polizeieinheiten und einem Spezialeinsatzkommando auf dem Gelände des Schulzentrums Sonnenhügel in Osnabrück ein Nachspiel. Juristisch für den Angeklagten, vor allem in den ersten Tagen nach der Tat aber psychisch für die meisten anderen Beteiligten.
An der Schule gab es Amok-Alarm
Am Donnerstag stand der damals 14-Jährige vor dem Jugendgericht des Amtsgerichts Osnabrück. Der Vorwurf: Auf dem Schulhof der Oberschule soll er nach der Pause eine Softairwaffe auf das Schulgebäude gerichtet haben, kurz darauf betrat er die Schule durch einen Nebeneingang. Die Folge: Panik vor allem in der Oberschule. Niemand wusste, dass es sich bei der Waffe um eine Attrappe handelte. Sofort griff der Amokplan für Schulen, die Klassenzimmer wurden verbarrikadiert. Letztlich lief alles glimpflich ab. Der Jugendliche konnte überwältigt werden.
Seelsorger im Schulzentrum Sonnenhügel
Nun waren die längst herbeigeeiltenSchulpsychologen und Notfallseelsorgergefragt. Unter den Ersthelfern: Thomas Künne, der das Schulpsychologische Dezernat in Osnabrück leitet, und sein Kollege Frank Aufhammer: "Nach der Entwarnung haben wir geschaut, wer wie betroffen ist. In welchem psychischen Zustand finden wir die Kinder, Jugendlichen aber auch Lehrkräfte an? Einige sind im ersten Moment ganz stark, andere ganz stark im Stress, einige spüren es erst Tage später", sagt Aufhammer. Eine normale Reaktion auf eine unnormale Gegebenheit, so die Psychologen. Die erste Aufgabe bestand darin, sich einen Überblick zu schaffen, wer die stärkere Unterstützung benötigt.
Helfer müssen vor Schülern Sicherheit ausstrahlen
Aber auch für das Team um Künne und Aufhammer war es ein Stresstest. "Wenn man in solche Krisennotfalleinätze geht, dann ist das immer verbunden mit einem eigenen Unsicherheitsgefühl, weil wir nie wissen, auf was für eine Situation wir treffen", sagt Aufhammer. So haben sie gelernt, trotzdem das nötige Sicherheitsgefühl auszustrahlen. Und dieses Dasein, das Zuhören und Handauflegen war auch das, was den meisten geholfen habe nach dieser extremen Situation. Dazu Künne: "Einige haben per Social Media mit der Außenwelt kommuniziert, ihre Not nach draußen getragen, auch existenzielle Ängste. Denn ihnen war ja nicht klar, was passiert, wie stark ist die Bedrohungslage."
Rund 700 Personen haben psychologische Gespräche gesucht
Mit rund 700 Schülerinnen und Schülern, aber auch Erwachsenen hat das schulpsychologische Team in den folgenden Tagen gesprochen. "Immer und immer wieder fiel von uns das Wort 'normal'. In solchen Momenten dürfen sich die Betroffenen nicht zu große Sorgen machen. Alles, was sie berührt, was aufploppt, ist erstmal eine normale Reaktion. Und die geht in den meisten Fällen nach ein paar Tagen von alleine weg", so Künne. Wie auch bei dem größten Teil der Hilfesuchenden am Schulzentrum Sonnenhügel. Um das in einer solchen Situation zu erreichen, so Frank Aufhammer, sei es wichtig, dass sofort auch psychologisch geholfen wird: "Denn umso unwahrscheinlicher ist es, dass eine intensivere Betreuung im Nachgang notwendig ist."
Urteil vor Gericht verkündet: Erzieherische Maßnahmen
Heute war nicht nur Prozessbeginn. Das Jugendgericht sprach auch das Urteil: Erzieherische Maßnahmen wurden verhängt. In welchem Umfang und wie das Urteil begründet wird, dazu wollte das Gericht nichts sagen.