Früheres RAF-Trio: Rund 250 Hinweise nach "Aktenzeichen XY"
Nach einem Aufruf in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" haben die Ermittler mittlerweile rund 250 Hinweise zu den drei mutmaßlichen RAF-Terroristen Staub, Klette und Garweg erhalten.
Darunter seien 80 anonyme Hinweise, teilte die Staatsanwaltschaft Verden am Freitag mit. 161 Hinweise gingen direkt nach der Sendung bei den Behörden ein, davon 48 Hinweise anonym über das BKMS-System, wie die Staatsanwaltschaft Verden NDR Niedersachsen mitteilte. Das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen werte diese nun aus. Die Polizei sucht seit mehr als 25 Jahren nach Ernst-Volker Staub (69), Daniela Marie Luise Klette (65) und Burkhard Garweg (55). Sie zählten bis zur Auflösung der Rote-Armee-Fraktion (RAF) im Jahr 1998 zur sogenannten dritten Generation. LKA und Staatsanwaltschaft Verden waren vor schon der Sendung an die Öffentlichkeit gegangen, um neue Hinweise zu den Gesuchten zu erhalten. Um noch mehr Menschen zu erreichen, wurde die Fahndung auch Thema der Sendung "Aktenzeichen XY... Ungelöst" im ZDF.
Bei einem Hinweis dauern die Ermittlungen an
"Die Ermittlungen zum aktuellen Aufenthaltsort und im Umfeld werden mit unveränderter Intensität fortgesetzt und die Behörden versuchen weiter, einen Kontakt zu den Gesuchten herzustellen", schrieb der Staatsanwalt. Ihm zufolge wurden die neuen Hinweise in drei Gruppen eingeteilt. Fünf Hinweise hätten die höchste Priorität bekommen. Ihnen seien die Ermittler sofort nachgegangen, bei einem Hinweis dauerten die Ermittlungen an. Weitere 46 Hinweise erhielten die Priorität 2 und die übrigen 194 die Priorität 3. Die Ermittlungen zu diesen Hinweisen liefen oder würden veranlasst.
Belohnung von 150.000 Euro ausgesetzt
Der Sprecher verwies darauf, dass weiter Hinweise entgegengenommen werden. Meldungen seien auch online über ein System möglich, bei dem die Anonymität technisch garantiert wird. In der Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" am 14. Februar hatte der Verdener Oberstaatsanwalt Koray Freudenberg auch an Unterstützer der Beschuldigten appelliert, sich zu melden. "Wir können von Glück sprechen, dass bisher niemand getötet wurde", sagte er. Für Hinweise, die zur Ergreifung der Gesuchten führen, ist von verschiedenen Stellen eine Belohnung von insgesamt mindestens 150.000 Euro ausgesetzt worden.
Internationale Fahndung
Ab sofort wird die Fahndung nach den drei mutmaßlichen RAF-Terroristen laut Staatsanwaltschaft international ausgeweitet. Demnach soll der Fahndungsaufruf in den Sprachen Englisch, Spanisch, Französisch und Arabisch weltweit über die Europol- und Interpol-Netzwerke verbreitet und in den sozialen Medien geteilt werden. Die Behörden rufen nach eigenen Angaben die Bevölkerung dazu auf, Links online zu verbreiten.
Klette, Garweg und Staub zeitweise wohl im Raum Hannover unterwegs
Konkret geht es nicht um Taten aus der Zeit der RAF, sondern um versuchten Mord und schwere Raubüberfälle in den Jahren 1999 bis 2016. Die Gesuchten sollen die Taten wohl begangen haben, um damit ihren Lebensunterhalt zu sichern. Laut Staatsanwaltschaft haben sich Staub, Garweg und Klette auch längere Zeit in Niedersachsen aufgehalten. "In den Tatvorbereitungsphasen 2015 und 2016 können wir eine gewisse Häufung von Anlaufstellen beziehungsweise Kontakten der drei im Raum Hannover feststellen", sagte Oberstaatsanwalt Freudenberg dem NDR Niedersachsen.
Fluchtautos offenbar auch in Celle und Oldenburg gekauft
Unabhängig von der Fernsehsendung haben die Ermittler mehrere Orte und Daten bekannt gegeben, an denen Staub, Garweg und Klette zwischen 2006 und 2016 aufgetaucht sein sollen. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie unter anderem in Ronnenberg, in Celle und in Oldenburg Fluchtautos für Raubüberfälle gekauft haben. Auch in Nordrhein-Westfalen sollen die drei mutmaßlichen Ex-RAF-Mitglieder in der Zeit aktiv gewesen sein. Auffallend sei, dass sie viele der Überfälle rund um die Feiertage begangen hätten, so die Staatsanwaltschaft Verden. Zudem hätten sie die Autos offenbar für längere Zeit genutzt. Die geparkten Autos könnten Zeugen aufgefallen sein, so die Staatsanwaltschaft.
Hier hielt sich das Ex-RAF-Trio seit 2006 in Niedersachsen auf
- 07./08.04.2009: Entwenden eines Fahrzeugs von einem Parkplatz in der Brandenburger Straße in Osnabrück.
- 02.01.2015: Raubüberfall auf einen "Kaufland"-Markt in Osnabrück
- Ende 2014 und Anfang 2015: Kauf der späteren Tatfahrzeuge für die Tat in Groß Mackenstedt (Landkreis Diepholz). Der Käufer nannte sich Michael Jansen, kam mehrmals zu Fuß und zahlte bar.
- 06.06.2015: versuchter Mord/ versuchter schwerer Raub in Groß Mackenstedt. Das Fluchtfahrzeug wurde drei Kilometer entfernt von der Anschlussstelle Groß-Ippener abgestellt.
- September 2015: Kauf eines blauen Ford Focus in Ronnenberg (Region Hannover).
- November 2015: Kauf eines grünen VW Golf Variant in Celle. Der Käufer erschien jeweils zu Fuß und zahlte bar. Er nannte sich Robert Hagen.
- 28.12.2015: Raubüberfall auf einen Geldtransporter bei Real-Markt in Wolfsburg-Nordsteimke. Die Täter flüchteten mit einem blauen Ford Focus mit Wolfsburger Kennzeichen. Ein grüner Golf Variant mit Wolfsburger Kennzeichen wurde am Tatort zurückgelassen. Der Ford Focus wurde am Folgetag ohne Kennzeichen und mit einem Tarnnetz abgedeckt in einem Waldstück in Volkmarsdorf gefunden.
- 22.04.2016: Kennzeichendiebstahl in Diekholzen (Landkreis Hildesheim).
- 07.05.2016: Raubüberfall auf einen Rewe-Markt in Hildesheim. Das Fluchtfahrzeug VW Polo wurde am Tattag ohne Kennzeichen zehn Kilometer entfernt in einem Waldstück zwischen den Orten Ottbergen und Wöhle gefunden.
- 25.06.2016: Raubüberfall auf einen Geldtransporter in Cremlingen (Landkreis Wolfenbüttel). Als Tatfahrzeuge wurden ein silberner Ford Mondeo mit Doublettenkennzeichen und ein blauer Opel Corsa mit falschem Kennzeichen genutzt.
Sachdienliche Hinweise nehmen jede Polizeidienststelle oder das LKA Niedersachsen unter der Telefonnummer (0511) 98 73 74 00 entgegen. Anonym können Hinweise auch über das Online-Meldesystem BKMS abgegeben werden.
In der Sendung "Aktenzeichen XY...Ungelöst" ging es am Mittwoch auch um einen Raubüberfall auf ein Ehepaar in Werlte (Landkreis Emsland).