50 Jahre über den Wolken: Als Reinhard Mey fliegen lernte

Stand: 09.08.2023 20:22 Uhr

1973 hat Reinhard Mey seinen Flugschein beim Verein Motorfluggruppe Wilhelmshaven-Friesland gemacht. Dort entstand auch sein Kult-Song "Über den Wolken" - zum großen Stolz der Vereinsmitglieder.

von Henning Orth

"Ist das DER Reinhard Mey?" So klingt es meistens, wenn Rainer Luff und Gerd Grimm von der Flieger Motorclubgruppe Wilhelmshaven-Friesland Besucher in ihre kleine Hall of Fame führen. Denn dort hängen unter den Namensschildern all jene Krawatten oder Halstücher, die die Pilotinnen und Piloten nach bestandenem Erstflug aus Tradition abgeschnitten bekommen haben. Bei Reinhard Mey ist das 50 Jahre her: "Weil ich im Jahre 1973 das Glück hatte, einen Kindertraum zu verwirklichen, nämlich das Fliegen zu lernen", erzählte der Sänger in einem Interview mit dem RBB 2019. "Ich habe mit meinen Büchern im Gras gelegen, es war Sommer, und vor mir lief der Flugbetrieb ab. Es war wunderbar, den startenden kleinen und großen Flugzeugen zuzusehen."

In Berlin durfte Reinhard Mey nicht fliegen lernen

An einem Schild in einer Garderobe am Flugplatz in Wilhelmshaven sind mehrere Namen zu lesen, darunter Reinhard Mey. © NDR
In der Garderobe hängt bis heute das Namensschild von Reinhard Mey.

Reinhard Mey wollte gerne fliegen lernen, durfte das aber in seiner damals geteilten Stadt Berlin nicht. Als er an einem Tag für zwei Konzerte in Wilhelmshaven und Frankfurt gebucht war, flog ihn ein Wilhelmshavener Pilot nach Frankfurt. Die beiden freundeten sich an, Reinhard Mey machte daraufhin in Wilhelmshaven seinen Flugschein - und der Rest ist Liedgeschichte in Deutschland.

Das Lied ist Kult - auch im Verein

"Ich hatte mir eine Auszeit vom Arbeiten genommen, aber so ganz konnte ich es doch nicht sein lassen. Zwischen den Lektionen habe ich einfach mal den Notizblock genommen und mir von der Seele geschrieben, was ich da gerade sah", sagte Reinhard Mey. Das Lied wurde Kult, auch für Gerd Grimm und Rainer Luff: "Wenn heute jemand in irgendeiner Form den Namen Mey erwähnt, dann strahlen sofort die Augen. Das war ja mal unser Vereinsmitglied", erzählen die beiden. "Und egal, wo man sich befindet, wenn irgendwann irgendwo dieses Lied ertönt - den Text kennt fast jeder - spätestens beim Refrain fallen auch alle Nicht-Flieger mit ein, weil das alle eben kennen."

"Die Wirklichkeit nachschreiben"

Das liegt wohl auch daran, dass Reinhard Mey den durchtechnisierten Flugbetrieb so poetisch beschrieben hat, wie niemals zuvor. Kaffeekochen in einer Luftaufsichtsbaracke klingt nicht gerade nach Liedtext - hier schon: "Das Wort 'Luftaufsichtsbaracke' in einem Song niederzuschreiben und es poetisch klingen zu lassen, darauf kann ich mir schon was einbilden", sagte Mey. "Alle Worte stimmen. Es war eben eine Luftaufsichtsbaracke in Wilhelmshaven und es hat auch wirklich jemand Kaffee gekocht, es war auch regnerisch, es hat sehr viel geregnet und natürlich schwamm in den Pfützen Benzin. Ich brauchte nur die Wirklichkeit nachzuschreiben und schon war das Lied fertig."

50 Jahre später: Das Clubhäuschen steht immer noch

Den traditionellen Klapps mit der abgeschnittenen Krawatte auf den Hintern nach bestandener Prüfung gab es damals vor dem bis heute existierenden Clubhäuschen. Und wenn Rainer Luff mit jungen Flugschülern das erste Mal in die Luft geht, dann erzählt er von dieser besonderen Geschichte, die zum Kulturgut geworden ist, im Sommer 1973 über den Wolken von Wilhelmshaven.

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Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 09.08.2023 | 19:30 Uhr

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