Land streicht Förderung: Verbraucherzentrale droht Jobabbau
Im Haushaltsentwurf der niedersächsischen Landesregierung fehlt die zugesicherte Förderung der Verbraucherzentrale. Nun droht dort ein massiver Stellenabbau.
Das Telefon in der Energierechtsberatung steht nicht still. Drei Stunden dreimal die Woche sitzen hier sieben Mitarbeitende des Verbraucherschutzes. Jede und jeder von ihnen berät dann bis zu 20 Personen. Die Nachfrage ist so hoch wie nie zuvor. Es geht um falsche Jahresverbrauchsprognosen, fehlerhafte Jahresabrechnungen, Abschlagserhöhungen, die vom Stromanbieter offenbar beliebig hochgesetzt wurden. Die Energiekrise in all ihren unschönen Facetten: Hier beim Verbraucherschutz bekommt man sie zu spüren wie sonst kaum irgendwo.
Nachfrage groß wie nie: Zehn Prozent mehr Verbraucher suchen Hilfe
"Viele melden sich, die wirklich nicht weiter wissen", erzählt Energierechtsexpertin Julia Schröder. "Der Frust, den man da spürt, und die Verzweiflung, weil sich die Leute machtlos fühlen und weil sie auch mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, ist groß. Das versuchen wir irgendwie aufzufangen und dann auch mit Rat und Tat zur Seite zu stehen." Rund 174.000 Verbraucherinnen und Verbraucher suchten im vergangenen Jahr den persönlichen Kontakt zur Verbraucherzentrale - ein Plus von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
2,1 Millionen Euro fehlen der Verbraucherzentrale Niedersachsen
Der Auftrag, noch einmal bestätigt beim großen Sozialgipfel im vergangenen Jahr und im Koalitionsvertrag verankert: Die Verbraucherzentrale soll ihre Beratungskapazitäten verstärken und planungssicher ausbauen. Um den Status Quo zu erhalten, wird ab 2024 eine Anhebung der institutionellen Förderung auf den bundesweiten Durchschnittswert aller Verbraucherzentralen benötigt. Im letzten Nachtragshaushalt Ende 2022 standen noch alle Signale auf grün. Trotzdem - der kürzlich vorgelegte Haushaltsentwurf 2024 der Landesregierung sieht kaum Mittel dafür vor. "Nach aktuellem Stand fehlen ab 2024 mindestens 2,1 Millionen Euro", erklärte Randolph Fries, Vorsitzender des Vorstands der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Die Folge: Der Abbau von bis zu 20 Stellen droht. Das wäre ein Sechstel aller Mitarbeitenden.
"Niedersachsen beim Verbraucherschutz finanziell am schlechtesten ausgestattet"
"Es ist für uns eigentlich unverständlich, was da gerade passiert", sagt Randoph Fries. "Wir müssen hier einfach mal deutlich machen, dass das Land Niedersachsen in Sachen Verbraucherschutz mit großem Abstand das finanziell am schlechtesten ausgestattete Land in der Republik ist." 25 Cent je Einwohner ist Verbraucherschutz in Niedersachsen wert - nicht einmal die Hälfte des Bundesdurchschnitts.
Ein halbes Jahr Wartezeit auf Termin möglich
Angebote wie die kostenfreie Energierechts-Hotline werden dann wohl eingestellt, einige Außenstellen geschlossen und die Wartezeiten werden deutlich länger. Beratung werde es künftig schon noch geben, meint Fries, "aber es kann sein, dass Sie dann sechs Monate auf Ihren Termin warten müssen. Dann sind womöglich sämtliche Verjährungsfristen gefährdet. Ich kann mich eigentlich nur jetzt schon bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Niedersachsen entschuldigen."
Ministerium für Verbraucherschutz hofft auf neue finanzielle Spielräume
Verbraucherschutzministerin Miriam Staudte (Grüne) erklärt die Einschränkungen der Finanzmittel mit der sehr angespannten Haushaltslage. Projekte wie die Anhebung der Besoldung von Lehrkräften oder der soziale Wohnungsbau seien Prioritäten, die die Handlungsspielräume in anderen Feldern naturgemäß einschränkten. Doch eine angemessene Finanzausstattung der Verbraucherzentrale sei ihr sehr wichtig. "Ich würde mich freuen, wenn sich bis zum Landtagsbeschluss hier noch Spielräume ergeben", so die Ministerin. "Klar ist: Das Ziel, die Finanzhilfe für die Verbraucherzentrale in dieser Legislatur laut Koalitionsvertrag mindestens auf den Bundesdurchschnitt anzuheben, steht fest und wird Bestandteil künftiger Haushaltsberatungen sein."
Immerhin, trotz der geringen Spielräume im kleinen Haushalt des Verbraucherschutzministeriums sei es gelungen, die Finanzhilfe für die Verbraucherzentrale durch interne Umschichtungen von 1,5 Millionen Euro dauerhaft auf 2 Millionen Euro anzuheben und damit das Niveau des Jahres 2022 zu verstetigen.