Vortrag abgebrochen: Uni Göttingen verurteilt Hörsaal-Proteste
Die Uni Göttingen hat die Proteste gegen den Hörsaal-Vortrag der CDU-Bundestagsabgeordneten Mareike Wulf gegenüber NDR Niedersachsen kritisiert. Proteste hatten zu einem Abbruch ihrer Rede geführt.
Die Universität sei ein Ort der offenen Diskussion - gerade auch bei brisanten und kontroversen Themen: "Protest zu äußern, ist legitim, aber eine eingeladene Rednerin daran zu hindern, ihre Meinung überhaupt vorzutragen, entspricht nicht unserer Vorstellung von Diskussion", heißt es in der Mitteilung der Georg-August-Universität Göttingen. Es solle vielmehr das Gespräch miteinander gesucht werden und weniger die Konfrontation - auch bei polarisierenden Themen.
Polizei begleitet Wulf aus Hörsaal
Die Polizei Göttingen teilte am Donnerstagnachmittag, dass rund 40 Personen, die vom Veranstalter in den Hörsaal gelassen wurden, die Vortragsreihe gestört hätten. Sie haben demnach auf Tischen getrommelt und laut skandiert. Außerdem waren rund 100 "mutmaßliche Studierende" vor dem Hörsaal-Gebäude und rund 120 Studierende direkt vor dem Hörsaal-Eingang. Sie hatten gegen die Fenster geklopft und mit lauten Rufen und Trillerpfeifen die Vortragsreihe gestört, wie die Polizei mitteilte. Nach der Absage der Veranstaltung sei unter anderem die Bundestagsabgeordnete aus dem Uni-Gebäude polizeilich begleitet worden. Die Polizei war wegen der vorab angekündigten Protestaktionen vor Ort.
RCDS spricht von "linksradikalen Aktivisten" und "Randalierern"
Kurz nach Beginn des Vortrags zum Thema "Identität auf dem Prüfstand: Selbstbestimmung ohne Grenzen?" sei dieser am Mittwoch "massiv von über 200 linksradikalen Aktivisten gestört" worden, teilte der veranstaltende Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) Göttingen mit. Mit Trillerpfeifen, lauter Musik und Gebrüll sei jeglicher demokratischer Diskurs unmöglich gemacht worden, heißt es weiter. Rund 100 "Randalierer" hätten die Einlasskontrolle durchbrochen und den Hörsaal gestürmt.
Grüne kritisieren Vortrag Wulfs als "queerfeindlich"
Die Grüne Jugend Göttingen bezeichnete die Veranstaltung mit Wulf derweil als "queerfeindlich" und damit problematisch. Demnach habe es zunächst eine Kundgebung gegeben, "auf der verschiedene Gruppen aus der Göttinger Zivilgesellschaft vertreten waren und für Selbstbestimmung und Transrechte laut demonstrierten". Später hätten sich zahlreiche Aktivistinnen und Aktivisten vor dem Hörsaal versammelt, um die Veranstaltung "mit lautstarkem Protest" zu stören. Nach einer Viertelstunde Protest, "geschmückt mit Plakaten und Flaggen, zog der RCDS es vor, den Vortrag abzusagen", so die Grüne Jugend in ihrer Mitteilung.
CDU: "Armutszeugnis für Göttingen"
Deutliche Kritik an den Vorgängen bei dem Vortrag kommt aus den Reihen der CDU. Die Landtagsabgeordnete Carina Hermann sieht in dem Abbruch des Vortrags von Wulf keine Möglichkeit eines "freien und demokratischen Diskurses" an der Uni Göttingen. "Das ist ein Armutszeugnis für Göttingen”, heißt es in der Mitteilung der Politikerin. Der Göttinger Bundestagsabgeordnete Fritz Güntzler teilte am Donnerstag mit, er verstehe nicht, warum die Universitätsleitung nicht in der Lage gewesen sei, die Veranstaltung vor Krawallmachern zu schützen.