Göttingen: Ermittlungen wegen zweifachen Mordes
Nach der Festnahme eines 52-Jährigen in Göttingen am Freitagabend haben Staatsanwaltschaft und Polizei am Sonnabend Details zu dem Fall bekannt gegeben. Zunächst teilte Gerd Lewin, Vizepräsident der Polizeidirektion Göttingen, mit, dass eine zweite Frau in der Nacht zu Sonnabend an den Folgen ihrer Verletzungen gestorben ist. Bei dem Opfer handelt es sich demnach um eine 57-Jährige. Sie war eine Arbeitskollegin der 44-Jährigen, die am Donnerstag von dem Beschuldigten auf offener Straße getötet worden sein soll. Der 52-jährige Frank N. war am Freitagabend vor einem Schnellrestaurant in der Göttinger Innenstadt von Zeugen erkannt und von zwei Polizisten in Zivil überwältigt worden. Am Sonnabend hat ein Richter Haftbefehl erlassen.
Opfer wurde zweimal angezündet
Wie Kriminaldirektor Thomas Breyer weiter ausführte, handelt es sich bei dem ersten Opfer um eine Bekannte des mutmaßlichen Täters. Die Ermittler gehen davon aus, dass sich die beiden seit eineinhalb Jahren kannten und N. sich mehr von der Bekanntschaft erhofft hatte. Sechs Tage vor der Tat hat N. demnach auf dem Balkon der 44-jährigen randaliert. Die polizeilichen Maßnahmen daraufhin: Gefährderansprache, Platzverweis. Am Donnerstagmittag schließlich soll der 52-Jährige seinem späteren Opfer auf dem Arbeitsweg im Stadtteil Grone aufgelauert haben. Er soll die 44-Jährige mit einem Brandbeschleuniger übergossen und angezündet haben. Bei ihrem Versuch, wegzulaufen, habe er mehrfach mit einem Messer auf die Frau eingestochen. Nachdem ein Passant mit einem Feuerlöscher die Flammen gelöscht hatte, habe N. erneut Brandbeschleuniger auf sein Opfer gespritzt und es angezündet. Dem Helfer soll er den Feuerlöscher entrissen haben damit auf den Kopf seiner Bekannten geschlagen haben. Auch die 57-jährige Arbeitskollegin, die dem schwer verletzten Opfer helfen wollte, verletzte er schwer. Anschließend flüchtete er.
Gesuchter flüchtet aus Metronom
Die Polizei suchte mit bis zu 200 Beamten aus mehreren Bundesländern nach dem mutmaßlichen Täter. Zum Einsatz kamen Spürhunde, Drohnen und Hubschrauber. Außerdem hatte die Polizei Fotos des Gesuchten veröffentlicht. Am Freitagmorgen erkannten Fahrgäste den 52-Jährigen in einem Metronom in Elze im Landkreis Hildesheim. Eine Zugbegleiterin räumte daraufhin unauffällig den Waggon und schloss das Abteil, in dem sich der Gesuchte befand, ab. Die ersten Polizisten sollen etwa zehn bis 15 Minuten später am Bahnhof eingetroffen sein, wie Polizeidirektor Thomas Rath mitteilte. Den 52-Jährigen trafen sie nicht mehr an. Er habe mit einem Nothammer eine Scheibe eingeschlagen und sei zu Fuß geflüchtet. Dunkelheit und ein schlecht einsehbares Gelände hätten es den Beamten unmöglich gemacht, Frank N. zu fassen. Zudem hatten sich, wie Rath weiter ausführte, zu diesem Zeitpunkt sämtliche an der Suche beteiligten Kräfte auf Göttingen konzentriert. " Es gab keine Chance, den Täter zu ergreifen, das war schon sehr frustrierend", so Rath.
Frank N. wirkte völlig entspannt
Frank N. ist anschließend offenbar zu Fuß nach Hannover gelaufen. Dort meldete er sich bei einem Anwalt, den er um rechtlichen Beistand bat. Der Anwalt lehnte ab und informierte die Polizei. In der Folge rief der Flüchtige sogar selbst mehrmals unter der 110 bei der Polizei an, um sich nach dem Zustand seines Opfers zu informieren. Dafür habe er Passanten gebeten, sich ihr Handy ausleihen zu dürfen, weil der Akku seines eigenen leer sei. Er soll dabei "freundlich und völlig entspannt gewirkt haben", so die Zeugen gegenüber der Polizei. Was N. zu den Anrufen bewegt hat, darüber rätseln die Ermittler. "Es ist für uns überhaupt nicht nachvollziehbar", sagte Rath. Die Beamten in der Leitstelle jedenfalls sagten dem 52-Jährigen nicht, dass seine Bekannte tot ist. "Wir wollten den Kontakt halten." Der letzte Anruf sei am frühen Freitagabend eingegangen.
Frank N. bereits dreimal wegen Vergewaltigung verurteilt
Gegen 22.50 Uhr habe schließlich ein Zeuge den Tatverdächtigen in einem Schnellrestaurant in der Göttinger Innenstadt erkannt. Zwei Polizisten in Zivil waren als erste vor Ort und überwältigten Frank N. Dabei habe er sich heftig gewehrt, eine Beamtin wurde leicht verletzt. Nun sitzt der 52-Jährige, der bereits dreimal wegen Vergewaltigung mehrjährige Gefängnisstrafen abgesessen hat, in Untersuchungshaft. Der Vorwurf laut Oberstaatsanwalt Frank-Michael Laue: zweifacher Mord.