Gerd-Peter Münden vor dem Braunschweiger Dom. © picture alliance/dpa | Ole Spata Foto: Ole Spata

Gericht: Kündigung von Braunschweiger Domkantor unwirksam

Stand: 27.06.2023 15:12 Uhr

Das Landesarbeitsgericht Hannover hat den Rauswurf des langjährigen Domkantors Gerd-Peter Münden für unwirksam erklärt. Die Landeskirche hatte ihn wegen einer angedachten Leihmutterschaft gekündigt.

Der Fall ist damit in letzter Instanz entschieden. Eine Revision vor dem Bundesarbeitsgericht sei nicht zugelassen, sagte der Vorsitzende Richter, Daniel Dreher, bei der Urteilsverkündung am Dienstag. Die evangelische Landeskirche Braunschweig hatte den langjährigen Kirchenmusiker im März 2022 fristlos entlassen, weil er mit seinem kolumbianischen Ehemann über je eine Leihmutter in Kolumbien zwei Kinder bekommen wollte.

VIDEO: Leihmutterschaft: Kirche verliert Rechtsstreit mit Domkantor (16.09.2022) (2 Min)

"Landesbischof Meyns will auf keinen Fall mehr mit Münden zusammenarbeiten"

In der Verhandlung in Hannover lehnten sowohl die braunschweigische Landeskirche als auch Münden einen finanziellen Vergleich oder eine gerichtliche Vermittlung ab. Die Landeskirche gab an, ein Drittel der von Münden genannten Summe zahlen zu wollen. "Landesbischof Meyns will auf keinen Fall mehr mit Münden zusammenarbeiten", sagte der Leiter der landeskirchlichen Rechtsabteilung, Christoph Goos.

Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten

Die Landeskirche sehe in dem Vorhaben des Kirchenmusikers einen erheblichen Loyalitätsverstoß, hatte das Arbeitsgericht Braunschweig nach einem ergebnislosen Gütetermin im April 2022 mitgeteilt. Die Kirche hatte eine weitere Zusammenarbeit für unzumutbar gehalten. Eine Rolle dabei spiele auch die "exponierte Position" des Kantors und sein bundesweiter Bekanntheitsgrad, so die Argumentation. Die Diskussionen um sein Vorhaben hätten zudem zu Zerwürfnissen unter Mitarbeitenden geführt. Die großen christlichen Kirchen sprechen sich gegen die Leihmutterschaft aus, weil sie unter anderem die Rechte von Frauen und Kindern in Gefahr sehen. In Deutschland ist sie zudem verboten.

Domkantor: Gab keine konkreten Pläne zur Leihmutterschaft

Im Zentrum des Verfahrens stand die Frage, ob die angestrebte Leihmutterschaft kommerzieller Natur sei. Münden betonte, dass für ihn immer nur eine altruistische Leihmutterschaft infrage gekommen sei. Niemals würde er die wirtschaftliche Not von Frauen ausnutzen, um seinen eigenen Kinderwunsch zu erfüllen, sagte er. Im Übrigen habe es keine konkreten Pläne für eine Leihmutterschaft gegeben, sondern nur Überlegungen. Das sah auch das Gericht so. Bei den Plänen des damals 56-Jährigen habe es sich lediglich um einen "Gedankenprozess" gehandelt. In einem ersten Urteil hatte das Arbeitsgericht Braunschweig bereits zugunsten von Münden entschieden. Dort hatte der Domkantor gegen seine Entlassung geklagt.

Politische Unterstützung von Kinderprojekten gefährdet

Neben dem Verfahren um die Entlassung gibt es einen zweiten Streitfall vor Gericht. Münden fordert von der Landeskirche Schmerzensgeld und Schadensersatz, weil der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns in einer Radiosendung zum Thema Leihmutterschaft gesagt habe, dass Münden "Kinder als Ware" behandle und er sich "sozusagen an einer Form des internationalen Menschenhandels" beteilige, sagte Münden der evangelischen Presseagentur. Dadurch sehe er auch die wirtschaftliche und politische Unterstützung seiner Kinderprojekte gefährdet.

Münden ist Träger des niedersächsischen Verdienstordens

Münden arbeitete ab 1999 als Domkantor in Braunschweig. Er leitete Deutschlands größte Domsingschule mit rund 600 Kindern und Erwachsenen in 21 Chören. Für "Klasse! Wir Singen" erhielt er 2011 den niedersächsischen Verdienstorden.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Braunschweig | 27.06.2023 | 15:00 Uhr

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