Weniger Grundwasser in Niedersachsen: "Beunruhigender Trend"

Stand: 30.05.2023 06:27 Uhr

Die Grundwasserneubildung in Niedersachsen lag neuen Berechnungen zufolge von 2011 bis 2020 im Mittel unterhalb der von 1961 bis 1990. Experten befürchten, dass die Grundwasserstände weiter sinken.

So eine durchgehende Trockenperiode wie in den vergangenen zehn Jahren hat es laut dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) seit 1961 nicht gegeben. "Das ist ein beunruhigender Trend", sagt LBEG-Präsident Carsten Mühlenmeier. Der Grund für seine Besorgnis wird deutlich, wenn man sich die Grundwasserneubildung auf einem Zeitstrahl anschaut, auf dem die Abweichungen vom Durchschnittswert der Jahre 1961 bis 1990 als Balken eingezeichnet werden: In den Jahren 2011 bis 2020, die sich in der Grafik auf dem Zeitstrahl rechts befinden, zeigen ohne Ausnahme alle Balken in den Minusbereich - die Grundwasserneubildung lag also zehn Jahre lang durchgehend immer deutlich unter dem Durchschnitt. Vor 2011 gab es zwar ebenfalls Jahre mit teils starken Ausschlägen nach unten - seit 1961 waren das aber nie mehr als vier Jahre in Folge.

LBEG will derzeitige Trockenperiode genau beobachten

Wenn sich keine Änderung einstelle, werde man sich längerfristig mit sinkenden Grundwasserneubildungsraten auseinandersetzen müssen, so Mühlenmeier. Die Trockenperiode der vergangenen zehn Jahre könne allerdings noch nicht als "Klimasignal" gelesen werden, da unter Wissenschaftlern festgelegt sei, dass dafür der Mittelwert von mindestens 30 Jahren das Kriterium ist. Durch die überdurchschnittlich feuchten Jahre 1993 bis 2002 sei das Klima aber im 30-Jahres-Mittel für 1991 bis 2020 noch relativ durchschnittlich, so Mühlenmeier. Das LBEG werde aber gemeinsam mit dem Niedersächsischen Kompetenzzentrum Niedersachsens (NIKO) die Entwicklungen der derzeitigen Trockenperiode genau beobachten und analysieren.

 

Trockenperiode: Starker Einfluss zwischen Hannover und Osnabrück

Je nach Region stellt sich die Trockenperiode der vergangenen zehn Jahre laut LBEG sehr unterschiedlich dar. Demnach zeigten sich am nordöstlichen Rand Niedersachsens wenige Veränderungen bei der Grundwasserneubildung, während die Entwicklung in den südlichen Landesteilen und besonders zwischen Hannover und Osnabrück stark negativ beeinflusst würden. Das passt laut LBEG auch mit den derzeitigen Klimaentwicklungen zusammen, in denen die Küste Niedersachsens weiterhin stabile Niederschläge besonders in den Wintermonaten hat.

 

Grundwasser: "Es gibt nicht die eine Lösung für ganz Niedersachsen"

Dass sich die Niederschläge insgesamt nicht mehr so gleichmäßig verteilen wie früher, sei ein Problem, so LBEG-Sprecher Eike Bruns gegenüber NDR Niedersachsen. Denn das Grundwasser speise sich nur aus Niederschlägen. Wenn der Boden dann beispielsweise zu trocken sei, um das Wasser aufzunehmen, fließe es in die Flüsse und ins Meer. Daher gebe es verschiedene Überlegungen für Wassermanagementkonzepte. "Die Frage ist, wie wir viel Wasser, das auf einmal kommt, zurückhalten können, um es dann in die Fläche zu geben, wenn keins kommt", so Bruns. Dabei gebe es nicht die eine Lösung für ganz Niedersachsen. Mögliche Beispiele seien die Renaturierung von Mooren oder Rückhaltebecken.

LBEG für Projekte zur "künstlichen Grundwasseranreicherung"

Bereits im Dezember hatte das LBEG mitgeteilt, man brauche "Anpassungsmaßnahmen, die den zusätzlichen Winterniederschlag in der Fläche halten, um die warmen und niederschlagsärmeren Sommer zu kompensieren". Konkret schlug das Amt etwa Projekte zur "künstlichen Grundwasser-Anreicherung" vor, um das Land besser an den Klimawandel anzupassen. In den nächsten fünf Jahren sollen dafür auch einzelne Kommunen beraten werden, hieß es.

Freie Flächen sollen als "Schwämme" Wasser einspeichern

Im März diesen Jahres hatte die Bundesregierung eine nationale Wasserstrategie beschlossen, um den Zugang zu Trinkwasser langfristig sicherzustellen. In Niedersachsen gibt es bereits seit vergangenem Jahr ein sogenanntes Wasserversorgungskonzept. Umweltminister Christian Meyer (Grüne) kündigte nach dem Beschluss der Bundesregierung an, dieses Konzept weiterentwickeln zu wollen. Das Ziel: Mehr Wasser in der Fläche halten, weniger Regenwasser versickern lassen. Erste Modellprojekte sind bereits angedacht. In Osnabrück soll beispielsweise eine "Schwammstadt" entstehen. Freie Flächen sollen dabei zu "Schwämmen" werden und Wasser einspeichern, bis es gebraucht wird. Dadurch wäre Wasser auch bei starker Hitze verfügbar. Außerdem sollen mehr Flächen entsiegelt werden. Auch das Wiedervernässen von Mooren spielt eine Rolle.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 30.05.2023 | 08:00 Uhr

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