Sorgt Minister für Erdkabel in seinem Wahlkreis?
Seit Jahren kämpfen Anwohner und Lokalpolitiker darum, die Stromtrasse vom niedersächsischen Wahle ins hessische Mecklar unter die Erde zu legen - erfolglos. Doch jetzt prüft das von Sigmar Gabriel geführte Bundeswirtschafsministerium einen Referentenentwurf, der genau das ermöglichen soll, in einem Teilabschnitt. Das Pikante daran: gerade in diesem Teilabschnitt befindet sich der Wahlkreis des Ministers.
Andere Abschnitte gehen leer aus. "Das ist mein Elternhaus, hier bin ich aufgewachsen", erzählt Michael Becke aus Erzhausen schmerzerfüllt. "Genau am Strommast. Meine Eltern sind beide an Krebs gestorben, so wie fast alle Bewohner dieser Straße hier. Man sagt, dass die Strommasten Strahlung abgeben, die das Krebsrisiko erhöhen."
Niemand möchte die Masten vor der Haustür
Michael Becke hat Angst. Angst um seine Gesundheit und Angst um seine Familie. In seinem Heimatort Erzhausen steht derzeit ein einziger Strommast. Doch bald könnten es schon zwölf sein. Denn quer durch Niedersachsen sollen neue Hochspannungsleitungen errichtet werden, die den Strom vom Norden in den Süden transportieren. Aber niemand möchte die Masten vor der Haustür haben. In Niedersachsen gehen immer wieder Bürger auf die Straße, um gegen den Bau der Masten zu demonstrieren. Sie fordern stattdessen eine Erdverkabelung. Die ist aber um ein Vielfaches so teuer wie eine Hochspannungsleitung.
Nicht nur durch Erzhausen, auch durch das 60 Kilometer entfernte Westerlinde soll die Nord-Süd-Trasse verlaufen. Die Sorgen - lange Zeit waren sie die gleichen: "Hier! Genau hier soll ein Hochspannungsmast mit 380 Volt hinkommen", sagt Bürgermeister Heinz Heusmann, entrüstet. "Genau hinter meinen Garten. Das müssen sie sich mal vorstellen. Wer will denn schon so ein Ding im Garten stehen haben?" sagt er bitter. "Deswegen kämpfen wir schon lange für die Erdverkabelung."
Liegt Westerlinde im "richtigen" Wahlkreis?
Im Gegensatz zu ihren Nachbarn in Erzhausen haben sie in Westerlinde Glück. Denn ihr Ort liegt im Wahlkreis von Wirtschaftsminister Gabriel - und hier soll ein Erdkabel möglich sein. "Wir vertrauen einfach mal darauf, dass sich der Minister stark für seine alte Heimat einsetzen wird und unser Kampf gegen die Masten Erfolg haben wird", so Bürgermeister Heusmann.
Ob der Minister sich tatsächlich dafür eingesetzt hat, dass dieser Abschnitt im Referentenentwurf als Teststrecke für Erdkabel genannt wird, dazu will sich das Bundeswirtschaftsministerium nicht äußern. In Erzhausen, dort, wo sie nach dem Entwurf keine Chance mehr auf ein Erdkabel hätten, fürchten sie deshalb, dass der Minister seinen Einfluss hat spielen lassen. Zum Wohle für den eigenen Wahlkreis.