Reaktionen auf Borkumer "Klaasohm": Holen sich mehr Frauen Hilfe?
Das "Klaasohm"-Fest auf Borkum hat bundesweit eine Debatte über Gewalt gegen Frauen ausgelöst. Beratungsstellen gehen davon aus, dass sich mehr Frauen dadurch ermutigt fühlen, sich Hilfe zu holen.
Katharina Göpner, Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff), hat erlebt, dass Betroffene von geschlechtsspezifischer Gewalt oft lange über ihre Erfahrungen schweigen würden - wie das auch bei "Klaasohm"-Betroffenen der Fall sei. Das könnte sich nun ändern, hofft Göpner. "Die Berichterstattung hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie betroffene Frauen über ihre Erlebnisse sprechen können." Es sei sehr gut vorstellbar, dass sich jetzt, nach dem bundesweiten Aufschrei, mehr Frauen Hilfe holen. Es gilt abzuwarten, ob sich das auch in den Beratungsstellen bemerkbar macht.
Betroffene verarbeiten Erfahrungen unterschiedlich
Dass nach den Veröffentlichungen von Panorama und der Redaktion "STRG_F" Frauen auf Borkum für den Erhalt der Tradition demonstriert haben, stellt für Göpner keinen Widerspruch dar. "Frauen, die Gewalt erlebt haben, setzen sich sehr unterschiedlich damit auseinander." Oft werde Gewalt verharmlost - und nicht nur Männer relativierten geschlechtsspezifische Gewalt.
Patriarchale Strukturen schützen Täter
Gewalt gegen Frauen ist laut bff natürlich nicht allein ein Borkumer Phänomen, vielmehr sei es ein gesamtgesellschaftliches Problem. Gewalt gegen Frauen sei 2024 in Deutschland immer noch kulturell verankert und tabuisiert. Es sind patriarchale Strukturen, die nach Überzeugung von Katharina Göpner dafür sorgen, dass solche Taten teilweise unwidersprochen bleiben.
Verantwortung liegt vor allem bei Männern
Gewalterfahrungen seien oft mit Scham und Vorurteilen behaftet, weshalb es bisweilen Zeit brauche, bis Betroffene darüber sprechen könnten. Die Verantwortung, die Abläufe beim "Klaasohm" in Zukunft zu verändern, liegt nach Meinung von Katharina Göpner vor allem bei den Männern. Sie müssten sich aktiv für einen gewaltfreien "Klaasohm" einsetzen. Der veranstaltende Verein "Borkumer Jungens" hat dies im Vorfeld des aktuellen Umzugs angekündigt. Hilfe erwarten die Beratungsstellen auch von der Bundespolitik, zum Beispiel mit der Verabschiedung des neuen Gewalthilfegesetzes, das die Finanzierung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen sicherstellen soll.