Polizeigewalt in Niedersachsen: Mehr Verfahren, kaum Anklagen
Gibt es in Niedersachsen mehr Übergriffe durch Polizisten? Laut Innenministerium steigt im Land zumindest die Zahl der Strafverfahren wegen Polizeigewalt und Amtsmissbrauchs.
Den Zahlen des Ministeriums zufolge sind die Verfahren in den Jahren 2020 bis 2022 um 471 Fälle gegenüber den Vor-Corona-Jahren 2017 bis 2019 gestiegen. Dabei unterscheidet das Justizministerium laut dpa die sogenannten Sachgebiete "Zwang und Missbrauch" sowie "Gewaltausübung und Aussetzung" - ohne dass die Agentur diese weiter definiert.
GdP: Die meisten Anschuldigungen ungerechtfertigt
Juristische Auswirkungen hat die Zahl der Strafverfahren offenbar nicht. So soll es 2022 bei 687 Fällen lediglich vier Anklagen gegeben haben. Jana Herzog, Geschäftsführerin der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagte der dpa, dass die Anschuldigungen meist ungerechtfertigt und entsprechende Videoaufnahmen aus den Zusammenhängen gerissen seien. "Die Klagefreude in der Gesellschaft ist insgesamt gestiegen. Im Rahmen der Einsätze der Polizei bei der Überwachung und Durchsetzung der Bestimmungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie hat sich dieses Verhalten deutlich gezeigt und an Dynamik gewonnen", sagte Herzog.
Grüne Jugend fordert Kennzeichnungspflicht
Die Grüne Jugend in Niedersachsen hält dagegen. "Dass die Zahlen von Polizeigewalt in den letzten Jahren stetig gestiegen sind, ist besorgniserregend", sagte deren Sprecherin Pia Scholten. "Die Zahlen spiegeln nicht wider, dass Fehlverhalten sanktioniert wird." Die Jugendorganisation der Grünen in Niedersachsen fordere daher eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte, um Fehlverhalten zu sanktionieren.