Verdeckte Ermittlerin Maria B. an Straftaten beteiligt?
Eine verdeckte Ermittlerin, die in der linken Szene in Hamburg eingesetzt worden ist, soll Straftaten begangen haben. Ein Schreiben der belgischen Behörden könnte den Vorwurf erhärten. Die Opposition fordert Aufklärung. Innenbehörde und Bundesinnenministerium dementieren.
In dem Schreiben teilt die belgische Polizei-Arbeitsgruppe für Terrorismus (PWGT) dem Bundeskriminalamt die Namen von 88 deutschen Aktivisten mit. Sie seien während eines Treffens der linken Szene in Brüssel im Jahr 2010 von der Polizei in Gewahrsam genommen worden. In dem Schreiben werden sie in Verbindung gebracht mit dem Angriff auf eine Polizeiwache und vier verletzten Polizisten.
Auf der Liste auch: der Name "Maria Block". Unter diesem Tarnnamen war eine verdeckt arbeitende Polizistin - laut Aussagen von Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer - von Juli 2008 bis Ende 2012 in Hamburg aktiv.
Zu gezieltem Vorgehen gegen die Polizei angestachelt?
Das Schreiben der belgischen Polizei könnte ein erster Hinweis dafür sein, dass die Anschuldigungen aus der linken Szene zutreffen. Dort wirft man Maria B. und der Hamburger Polizei vor, dass die Polizistin in ihrer Zeit als verdeckte Ermittlerin Straftaten begangen habe. So soll sie beispielsweise auf einer illegalen Versammlung Polizeiketten durchbrochen haben und an einer Hausbesetzung beteiligt gewesen sein. Zudem soll sie bei Protesten immer wieder zum gezielten Vorgehen gegen die Polizei angestachelt haben.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit nahm die Beamtin an mehreren Auslandsreisen teil. Unter anderem nach Griechenland, Dänemark, Frankreich und Belgien. In Brüssel beteiligte sie sich im Jahr 2010 an einem sogenannten "No Border Camp", einer Aktionswoche von linken Aktivisten gegen staatliche Grenzen.
Bundesinnenministerium bestätigt Ingewahrsamnahme
Während dieses Camps wurde sie von der belgischen Polizei in Gewahrsam genommen. Das bestätigt das Bundesinnenministerium auf Anfrage von NDR Info und Panorama 3. Das Ministerium betont jedoch, dass sei nur "kurzfristig" und "allein im Rahmen der polizeilichen Gefahrenabwehr" passiert. Konkrete Tatvorwürfe gegen Maria B. seien dem Ministerium nicht bekannt und von belgischer Seite bis heute nicht erfolgt.
Die Innenbehörde der Stadt Hamburg äußert sich auf Anfrage nicht zu der Liste der belgischen Polizei. Sie teilt lediglich mit, dass ihr derzeit keine Erkenntnisse vorliegen, welche "auf eine rechtswidrige Handlung der Beamtin hindeuten."
Opposition fordert Aufklärung
Andrej Hunko, Bundestagsabgeordneter von Die Linke sagt, es sei skandalös, dass Hamburgs Innensenator, Michael Neumann (SPD), noch nicht über die Liste informiert habe. Seiner Erkenntnis nach sei sie damals vom Bundeskriminalamt an alle Landeskriminalämter weitergereicht worden. Er fordert Aufklärung darüber, ob sich unter den festgesetzten Deutschen in Brüssel noch mehr verdeckte Ermittler befunden haben.
Auch die Opposition in der Hamburger Bürgerschaft fordert weitere Aufklärung. Der innenpolitische Sprecher der FDP, Carl Jarchow, sagt, notfalls müsse mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss geklärt werden, ob Maria B. Straftaten begangen habe.
Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Bürgerschaftsfraktion Die Linke fordert gegenüber dem NDR Aufklärung darüber, "ob sich Maria B. auf Weisung, mit Billigung oder mit Wissen" ihrer Vorgesetzten an Straftaten beteiligt hat.
Fragen, denen sich heute Hamburgs Innensenator Neumann bei der Sitzung des Innenausschusses der Bürgerschaft stellen muss. Thema könnte dann auch der Fall einer weiteren verdeckten Ermittlerin sein. Gegen den Einsatz von "Iris Schneider" hatte gestern der links-alternative Hörfunksender Freies Sender Kombinat (FSK) Klage eingereicht.