Sicherheitsmängel: Behörde greift bei Bildungsstätte in Hamburg ein

Stand: 25.04.2024 17:24 Uhr

Das Berufsfortbildungswerk (bfw) am Standort Rothenburgsort steht wegen erheblicher Sicherheitsmängel in den Werkstätten in der Kritik von ehemaligen Schülern und Ausbildern. Bei dem Bildungsträger sollen nach Recherchen des NDR technische Überprüfungen von Maschinen teilweise jahrelang nicht stattgefunden haben.

Auch die Behörden sind auf die potenziell gesundheitsgefährdenden Zustände beim bfw aufmerksam geworden. Anfang März griff das Amt für Arbeitsschutz ein. In einem mehrseitigen Schreiben, das dem NDR in Teilen vorliegt, wurden dem bfw zahlreiche Auflagen gemacht. Das Amt hatte bei einer Kontrolle fehlende oder lange überfällige Prüfsiegel an den Maschinen festgestellt, nicht gekennzeichnete Gefahrenstoffe gefunden und eine mangelhafte Sicherheitsorganisation vorgefunden.

Amt für Arbeitsschutz: "Reihe von offensichtlichen Mängeln"

Das Amt für Arbeitsschutz in Hamburg, welches zur Behörde für Justiz- und Verbraucherschutz gehört, bestätigt auf Anfrage die exklusiven Recherchen des NDR. "Es gab eine Reihe von offensichtlichen Mängeln, die letztendlich auf eine mangelhafte Sicherheitsorganisation zurückzuführen sind." Weiter heißt es von den Kontrolleuren: "Im Rahmen einer Besichtigung mit Systembewertung wurde festgestellt, dass ein Großteil des Maschinenparks seit langer Zeit nicht geprüft wurde."

Der bfw-Standort an der Billstraße bietet Umschulungen und Weiterbildungen im gewerblich-technischen Bereich an, finanziert werden die Maßnahmen vielfach durch die Agentur für Arbeit und Jobcenter. Das bfw ist ein bundesweit tätiger Bildungsträger mit laut eigenen Angaben fast 200 Standorten und einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro im Jahr 2022. Ursprung des bfw sind die Berufsfortbildungswerke des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Auch Ehemalige berichten von teils desolaten Zuständen

Ehemalige Schüler und Ausbilder haben dem NDR unabhängig voneinander von teils desolaten Zuständen in der Werkstatt des bfw am Standort Rothenburgsort berichtet, die sich mit den amtlichen Feststellungen decken.

Das Amt für Arbeitsschutz wird in einer schriftlichen Stellungnahme zu den Zuständen beim bfw sehr deutlich: “Das Fehlen von Notausschaltern an Maschinen und das Aufbewahren von Chemikalien in ungekennzeichneten Gebinden sollte in Lehrwerkstätten nicht vorkommen und zeigt nur umso deutlicher, wie komplett die Sicherheitsorganisation versagt hat."

"Es gibt uralte Maschinen, die nicht gewartet werden"

Ein ehemaliger Umschüler erhebt schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen beim bfw. “Die Zustände dort sind katastrophal. Es gibt uralte Maschinen, nicht gewartet werden und zum Teil lebensgefährlich sind", klagt er im Gespräch mit dem NDR an. Er berichtet von fehlenden oder überbrückten Notausschaltern und nicht vorhandenen Schutzvorrichtungen.

Auch ein ehemaliger Ausbilder will ebenfalls gravierende Sicherheitsmängel festgestellt haben: "So eine Katastrophe habe ich noch nicht mal auf einer Baustelle gesehen, geschweige denn in einem Ausbildungsbetrieb", sagt er. Der Schweißwerkmeister führt aus: "Bei meinen Maschinen waren alle Prüfungen abgelaufen. Die Schweißanlagen waren voller Staub und es gab seit Jahren keine Überprüfung." Doch nicht nur die Maschinen selbst seien defekt, auch die beim Schweißen wichtigen Abluftanlagen hätten nicht funktioniert. "Es ist gesundheitsgefährdend, was da passiert." Ein Vorgesetzter habe ihm gesagt, er solle das Fenster öffnen. "Die Stäube, die atmet man, ohne es zu merken ein. Das eine Ungeheuerlichkeit."

Berufsfortbildungswerk: Kursteilnehmer nicht gefährdet

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer gefährdet zu haben weist das bfw auf Anfrage des NDR "mit aller Entschiedenheit" zurück. Die Lüftungsanlage funktioniere korrekt. Das bfw erklärt in einer schriftlichen Stellungnahme, es habe "behördlicherseits Optimierungshinweise, die für sich betrachtet normal sind" erhalten. Intern und mit der Behörde sei ein "Handlungsplan zur Abarbeitung der aufgeworfenen Themenstellungen" abgestimmt worden, so das bfw zum NDR. Bis wann dieser umgesetzt werden soll, bleibt offen.

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 25.04.2024 | 19:30 Uhr

Mehr Nachrichten aus Hamburg

Ein 19-jähriger Angeklagter (l.) neben seinem Rechtsanwalt im Hamburger Strafjustizgebäude. Der Angeklagte soll unter dem Einfluss von Marihuana mit einem Carsharing-Fahrzeug ohne gültige Fahrerlaubnis auf der Max-Brauer-Allee mit überhöhter Geschwindigkeit auf einen Polizisten zugefahren sein. © picture alliance / dpa Foto: Marcus Brandt

Polizist in Hamburg angefahren: Angeklagter gesteht vor Gericht

Nach einem Unfall mit einem verletzten Polizisten muss sich ein 19-Jähriger wegen versuchten Mordes vor dem Hamburger Landgericht verantworten. mehr