Hamburg: Masterplan für Hauptverkehrsadern vorgestellt
Der Hamburger Senat hat am Dienstag ein sogenanntes Magistralen-Konzept beschlossen. Es soll die Hauptverkehrsstraßen attraktiver fürs Wohnen und Arbeiten machen. Vier Jahre haben die Behörden am Konzept gearbeitet.
Hamburgs Oberbaudirektor Franz Josef Höing kümmert sich - anders als seine Vorgänger - um die lauten und hässlichen Hauptverkehrsstraßen, genannt Magistralen. "Es klingt fast wie Champs-Élysées. Aber wenn man an diesen Straßen ist, dann haben sie doch einen sehr anderen Charakter. Insofern gibt es da Luft nach oben", so Höing bei der Landespressekonferenz im Hamburger Rathaus. Mit dem Masterplan "Magistralen 2040+" hat der rot-grüne Senat im Juli eine Strategie zur städtebaulichen Entwicklung der großen Hamburger Ein- und Ausfallstraßen beschlossen.
Auch Lagen in zweiter und dritter Reihe im Blick
Dieser Plan setze sich mit der Frage auseinander, wo es entlang der Magistralen Entwicklungspotenziale über die verkehrliche Bedeutung hinaus gebe, so Höing. "Wie sollen die heute zum Teil sehr spröden und rauen Magistralenräume in verschiedenen räumlichen Situationen aussehen?" Dabei nehme man nicht nur die Straßen selbst, sondern auch die Lagen in zweiter und dritter Reihe in den Blick.
Mehr Lebensqualität, weniger Autoverkehr
In den Magistralen reiht sich bisher häufig Supermarkt an Autohaus an Büroklotz - oder ähnlich. Künftig soll es dort mehr Bäume, Bus- und Fahrradspuren geben und somit auch weniger Autoverkehr. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten sollen diese Räume zu attraktiven Wohn- und Arbeitsorten sowie zukunftsfähigen und klimaangepassten Orten der Mobilität entwickelt werden. Das Wohnen soll vor allem ruhiger werden, meint Bausenatorin Karen Pein (SPD): "Die Magistralen umfassen 160 Kilometer, es leben über eine halbe Million Menschen dort. An ihnen befinden sich von 20 von 27 Zentren." Insgesamt gehe es um mehr als 80 Quadratkilometer Fläche.
Mehr Platz für Fuß- und Radverkehr, mehr Wohnungen
"Ob als moderner Stadtboulevard, lebendige Gewerbemeile oder grüne Vorstadtallee - gemeinsam mit den Bezirken und den Fachbehörden wollen wir die Magistralen schrittweise verändern, neue Flächen für Wohnen, Gewerbe, Freizeit und Bildung schaffen und die Magistralen fit für die Anforderungen der Zukunft machen", so Höing. Insbesondere die schon heute lebendigen Zentren und Bereiche der inneren Stadt sollen demnach durch vielfältige Erdgeschosszonen, attraktive grüne Räume und mehr Platz für den Fuß- und Radverkehr gestärkt werden. Dabei sollen weder die Verkehrsberuhigung noch der Wohnungsbau im Vordergrund stehen. Alles müsse Hand in Hand gehen, so der Oberbaudirektor. Pein betonte, dass es für den Wohnungsbau keine konkreten Zielzahlen gebe. Sie sehe aber "großes Potenzial".
Insgesamt zwölf Magistralen in Hamburg
Von den insgesamt zwölf Magistralen, die der Plan aufgreift, verlaufen acht nördlich der Elbe sternförmig von der inneren Stadt in Richtung Umland, eine weitere bildet der Ring 2. Eine verbindet die Innenstadt mit den Süderelbbrücken, zwei weitere verlaufen südlich der Elbe. "Die großen Ein- und Ausfallstraßen sind die Lebensadern unserer Stadt und mehr als nur Durchgangsräume", so Pein. 28 Prozent des Magistralen-Netzes seien gesäumt von Büro und Gewerbe. 83 Prozent würden auch zum Wohnen genutzt. Hinzu kämen 61,8 Kilometer Grün- und Freiflächen entlang der Magistralen.
CDU: Zu langfristige Planungen
Die Opposition kritisierte die Pläne als zu wenig konkret und zeitlich zu langfristig. Die Bebauung der Magistralen sei ein komplexes Projekt, "auch ohne, dass gleichzeitig alle Verkehrsflächen neu geplant werden", sagte Anke Frieling, die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der CDU. Die Grundstücke gehörten verschiedenen Besitzern mit unterschiedlichen Interessenlagen. "Angesichts der Wohnungsnot in Hamburg müssen pragmatisch alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, schnell Baurechte für Wohnungsbau entlang der Magistralen zu schaffen", so Frieling weiter.
Linke: Menschen leiden unter Verkehrslärm
Der AfD-Fraktionsvize Alexander Wolf sprach von "hilflosem Aktionismus", er fürchtet einen Verkehrsinfarkt durch "die Abschnürung der verkehrlichen Hauptschlagadern. Schon heute litten Hunderttausende Anwohnerinnen und Anwohner der Magistralen unter zu viel Autoverkehr und Lärm, so Heike Sudmann (Linke). "Hoffnung auf schnelle Verbesserung gibt es leider immer noch nicht. Nicht mal Tempo 30 will der Senat dort jetzt einführen, um wenigstens den Lärm zu reduzieren."
BUND: Mehr Grün statt vieler Autos
Dass der Senat sich gegen Tempo 30 ausspricht, ärgert auch die Umweltschutzorganisation BUND. Die Landesvorsitzende Sabine Sommer sagt: "Was fehlt, ist der komplette Mut, jetzt die Verkehrswende echt umzusetzen. Wichtig ist auch, das Auto konkret zu verdrängen, also Platz schaffen für mehr Grün."
Informationsveranstaltung im Bunker in der Feldstraße
Am 14. November stellte Höing die Pläne für die Magistralen gemeinsam mit Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) im Bunker in der Feldstraße vor. Etwa 400 Gäste nutzten die Gelegenheit, sich darüber zu informieren und mit Expertinnen und Experten dazu ins Gespräch zu kommen.