Kolumne: "Rebellische Hoffnung"
Christinnen und Christen gehen doch davon aus, dass alles Sein und Leben die Hoffnung in der unverwüstlichen Liebe Gottes hat. Dass wir von dieser Seite her Kraft und Sinn bekommen. Völlig unabhängig von dem, was hier vielleicht gerade schwierig ist. Und das ist doch wirklich schon fast frecher Widerstand: Rebellische Hoffnung eben, sagt Pastorin Susanne Richter.
"Sei rebellisch!" Früher hätte sich das für mich komisch angehört. Als ob mich jemand zu einer spätpubertierenden Attacke motivieren möchte. Heute sage ich: "Hoffentlich! Dein Wort in Gottes Ohr!" Seit einigen Jahren ist das Rebellentum in unsere Redaktion eingezogen. Das heißt, meine Kollegin hat sie uns vorgestellt: rebellische Hoffnung. Ihrer Krebserkrankung begegnet sie seit Jahren genau so. Widerständig: Offen nach außen, achtsam mit sich und ihrem Körper und an der Schönheit des Lebens festhaltend.
"Rebellious hope" - ein Begriff von Anti-Krebs-Aktivistin Deborah James
Der Begriff "Rebellious hope" kommt von der Journalistin und Anti-Krebs-Aktivistin Deborah James, berühmt geworden für ihre Podcasts und ihre humorvolle Aufklärungsarbeit in Sachen Krebs: Meine Kollegin hat einige Sendungen über sie gemacht. "Suche nach einem lebenswerten Leben, gehe Risiken ein, liebe innig, bedauere nichts, habe immer rebellische Hoffnung", heißt das ganze Zitat.
Wir haben festgestellt: Rebellische Hoffnung brauchen wir nicht nur, wenn wir an Krebs erkrankt sind. Leben ist immer bedroht in uns und um uns herum. Zur Zeit erlebe ich das tatsächlich so stark wie noch nie zuvor. So, als ob die Krisenherde echt meine Wahrnehmung steuern. Das gefällt mir nicht. Ich möchte nicht eine derjenigen sein, die nur jammern und sich im Heraufbeschwören von Untergangsszenarien einrichten. Darum habe ich mir gerade wieder Rebellische Hoffnung verschrieben. Denn Leben ist zum Glück nicht nur bedroht, sondern auch erstaunlich widerstandsfähig und trickreich.
Christ*innen beste Botschafter*innen für rebellische Hoffnung
Zunächst habe ich mit ausgiebigen Beobachtungen in unserem Garten angefangen. Trotz widrigster Umstände, meiner botanischen Unkenntnis und vermutlich auch falscher Pflege haben sich hier einige hübsche Pflänzchen durchsetzen können. Sie haben ganz offensichtlich rebellische Hoffnung. Dabei ist mir klargeworden, dass wir als Christ*innen eigentlich die besten Botschafter*innen für rebellische Hoffnung sein könnten. Für uns geht sie ja viel weiter. Schließlich machen wir unsere Hoffnung ja nicht nur daran fest, dass die Natur anpassungsfähig ist und auf der Erde die Dinge schon "irgendwie" wieder in Ordnung kommen können. Wir gehen doch davon aus, dass alles Sein und Leben die Hoffnung in der unverwüstlichen Liebe Gottes hat. Dass wir von dieser Seite her Kraft und Sinn bekommen. Völlig unabhängig von dem, was hier vielleicht gerade schwierig ist. Und das ist doch wirklich schon fast frecher Widerstand: Rebellische Hoffnung eben.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastor:innen und Redakteur:innen ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.