Kolumne: "Erwarten wir getrost, was kommen mag"
Nur noch drei Tage, dann ist es wieder so weit: Dann ist es da, das neue Jahr. Nach alter Tradition werde ich es begrüßen: mit Sekt, mit süßen Berlinern, mit Raclette, Ballons und Luftschlangen.
Weil ich mir so sehr wünsche, dass 2023 vieles besser wird als in den Jahren zuvor. Ich wünsche mir, dass der Krieg in der Ukraine endet und endlich wieder Frieden einkehrt. Ich wünsche mir Freiheit für die Menschen im Iran, bezahlbare Preise für alle, ein Ende der Pandemie, echte Fortschritte bei der Bewältigung der Klimakrise und so vieles mehr.
Wünsche erfüllen sich nicht immer
Die Silvester-Wünsche, dass alles besser werden möge im neuen Jahr, begleiten uns durch die Jahre. Doch leider erfüllen sich unsere guten Wünsche nicht immer. Wenn ich ein Jahr zurückdenke: Da hatte ich die Hoffnung, dass es mit der Corona-Pandemie endlich vorbei ist - jetzt, wo doch die Impfstoffe verfügbar waren. Und dann kamen der Krieg und die Inflation, und die Pandemie ging immer noch weiter. Es gibt eben leider kein Gesetz, dass ein neues Jahr immer auch ein besseres Jahr wird.
"Ich bin nicht allein mit dem, was kommt"
Doch zwei Gedanken geben mir Hoffnung an diesem Tag. Der erste: Ganz egal, was weltpolitisch auch geschehen und unsere Nachrichten bestimmen wird - auch 2023 gehen wir Beziehungen ein, machen Schulabschlüsse, bringen Kinder zur Welt, entdecken neue Fähigkeiten oder fangen etwas ganz Neues an. Inmitten vieler weltpolitischer schlechter Nachrichten gibt es also im Privaten jedes Jahr immer auch gute Nachrichten. Und der zweite Gedanke, der mir Hoffnung macht: Ich bin nicht allein mit dem, was kommt. "Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag." Das schrieb der evangelische Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer in einer Zeit, die weitaus schlimmer war als die Zeit, in der wir heute leben.
Von "guten Mächten" umgeben
Wir sind nicht allein. Wir haben Familien, Freunde, Nachbarn, Kolleginnen, Bekannte, die Gemeinschaft in der Kirche und die guten Mächte, von denen Bonhoeffer spricht. Für mich ist damit Gott gemeint. Mit ihm erwarte ich getrost, was 2023 kommen mag.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.