Grabkreuz von Sophie Scholl © picture alliance Foto: Winfried Rothermel

Kolumne: "Der Geist der Weißen Rose ist heute noch lebendig"

Stand: 23.02.2023 07:30 Uhr

Vor achtzig Jahren wurde die Widerstandskämpferin Sophie Scholl hingerichtet. Marco Voigt ist überzeugt, sie hätte alle ermutigt, die heute für Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit kämpfen.

von Radiopastor Marco Voigt


"Weiß ich denn, ob ich morgen früh noch lebe? Eine Bombe könnte uns heute Nacht alle vernichten." Worte, die ganz aktuell klingen. Und vielleicht gibt es heute Menschen in der Ukraine, die solche Sätze schreiben. Aber diese Worte sind über achtzig Jahre alt. Die Widerstandskämpferin Sophie Scholl hat sie in ihr Tagebuch geschrieben.

Im Februar 1943 wurden Sophie und Hans Scholl und ihr gemeinsamer Freund Christoph Probst von den Nazis zum Tode verurteilt und ermordet. Ihr Vergehen war, dass sie Hitlers Lügen nicht länger glaubten und zum Widerstand aufriefen. Unter dem Namen "Die Weiße Rose" hatten sie Flugblätter unters Volk gebracht, in denen sie den Krieg als Unrecht und Hitler als einen Verbrecher bezeichneten. Sie hatten dem Regime widersprochen. Und das reichte, um zum Tode verurteilt zu werden. Sophie schreibt in ihrem Tagebuch:

"Viele Menschen glauben von unserer Zeit, dass sie die letzte sei. All die schrecklichen Zeichen könnten es glauben machen. Aber ist dieser Glaube nicht von nebensächlicher Bedeutung? Denn muss nicht jeder Mensch, einerlei, in welcher Zeit er lebt, dauernd damit rechnen, im nächsten Augenblick von Gott zur Rechenschaft gezogen zu werden?"

Sophie Scholl zog Mut aus ihrem Glauben

Ob Sophie Scholl wohl überrascht gewesen wäre, hätte sie gewusst, dass achtzig Jahre nach ihrem Tod wieder Krieg in Europa herrscht und junge Menschen, die im Iran für Freiheit eintreten, mit dem Tod bedroht werden? Ich bin überzeugt, sie hätte allen, die für Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit kämpfen, Mut gemacht. Alle, die das heute tun, gehen in ihren Fußspuren.

Marco Voigt, Radiopastor in Kiel © Kirche im NDR
Marco Voigt ist überzeugt: Menschen, die heute für Freiheit und Gerechtigkeit eintreten, gehen auch in den Fußspuren Sophie Scholls.

Vor achtzig Jahren ist Sophie Scholl ermordet worden. Und der Krieg Russlands gegen die Ukraine dauert nun genau ein Jahr. Man könnte an dieser Ungerechtigkeit verzweifeln. Doch etwas lässt mich trotz allem hoffen: Der Geist der Weißen Rose ist heute immer noch lebendig. In den jungen Menschen im Iran, die ohne Angst ein Leben in Freiheit fordern. In denen, die Putins Lügen nicht mehr glauben, und in vielen anderen.

Sophie Scholl war tief in ihrem christlichen Glauben verwurzelt und zog all ihren Mut aus ihm. Und ich glaube daran: Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit werden am Ende siegen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 26.02.2023 | 07:30 Uhr

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