Kolumne: "Lass es raus"
Kinder sind die glücklichsten Menschen, das hat eine neue Studie ergeben. Dabei erleben wir bei ihnen häufig, wie die Stimmung kippen kann. Jacqueline Rath fragt sich, ob es da einen Zusammenhang gibt.
"Lass mich, ich hab schlechte Laune." Und wumms, schon ist die Tür zum Kinderzimmer zu. Klare Ansage, da brauche ich erstmal nichts zu unternehmen. Irgendwie beneide ich Kinder manchmal um ihre schlechte Laune, um ihren Trotz und ihren Zorn. Wie sie all diesen Emotionen freien Lauf lassen und es ihnen - meistens - danach besser geht.
Kinder können Emotionen freien Lauf lassen
Laut einer aktuellen Studie der Schweiz und Deutschland sind Kinder bis zum neunten Lebensjahr am glücklichsten, während danach das Empfinden positiver Gefühle stark schwankt. Ein Widerspruch zu meiner Erfahrung? Ich glaube nicht. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass so ein offener Umgang, gerade auch mit negativen Gefühlen, am Ende glücklicher macht, weil er befreit. Denn mal ehrlich: Wie oft möchten wir Erwachsene nicht auch einfach mal mit Türen knallen, mit den Fäusten auf den Boden trommeln und laut herausschreien, dass gerade einfach alles doof ist. Also mir wäre da manchmal schon nach.
In der Bibel wurde geschrien, geweint und geklagt
Aber auch mir wurde in jungen Jahren gesagt: "Jetzt reiß dich doch mal zusammen, Herrgott nochmal!" Also tue ich es, wie alle anderen um mich herum auch. Was der "Herrgott" davon wohl hält? Zu biblischen Zeiten war er das genaue Gegenteil von uns Menschen gewohnt. Da wurde geseufzt, geschrien, geweint und geklagt. Alles, was einen beschäftigte wurde vor Gott hingeworfen, schonungslos.
Einfach mal die Türen knallen und schreien
Und heute? Vielleicht haben wir das herzgrundtiefe Klagen verlernt, weil wir in einer Welt leben, in der man keine Schwäche zeigt. Doch manchmal würde genau das das Zusammenleben einfacher machen. Zu sagen, "lass mich mal lieber in Ruhe, ich bin gerade echt genervt" oder "mir geht's einfach nicht gut" zeigt dem anderen gleich, woran er heute bei mir ist. Unter guten Freunden dürfen dann auch schon mal Tränen fließen. Nur das mit dem Türknallen und Schreien sollten wir dann doch in den eigenen vier Wänden belassen, am besten, wenn sonst keiner da ist.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.