Kolumne: "Furcht vor der Sintflut - früher und heute"
Ganze Regionen in Deutschland werden zu Seenlandschaften. Immer mehr Deiche weichen auf oder brechen. In den Hochwasser-Gebieten herrscht wegen Dauerregens weiter Sorge vor steigenden Pegelständen.
Früher kannte ich nur Wetter. Herrlich, wenn es im Sommer heiß war. Ab ins Freibad! Eis im Winter? Die Schlittschuhe an und los. Bauern und Gärtner haben auch damals schon öfter mit Sorge zum Himmel geschaut, wenn es zu viel geregnet hat oder zu lange nicht. Aber dafür war ich zu sehr Stadtkind. Kaum enden wollende Regentage gab es schon immer, aber früher habe ich sie nicht mit dem großen Ganzen in Verbindung gebracht, dem Klima und unseren Lebensgrundlagen.
Hochwasser bedroht Menschen und ihr Zuhause
Die Prognose: Die Winter hier im Norden werden wärmer und nässer. Anfangs fand ich die ergiebigen Regenmengen noch gut, weil das Grundwasser aufgefüllt wird. Auch so etwas, worum ich mir früher nie Gedanken gemacht habe. Und jetzt? Wie alle schaue ich auf die Hochwasserstände und fühle mit den Menschen, deren zu Hause bedroht sind.
Sinnflut im Alten Testament als Strafe Gottes
Das Klima hat etwas Bedrohliches bekommen. Vielleicht haben so die Menschen zur Zeit des Alten Testaments gefühlt. Ihr Weltbild: die Erde eine Scheibe und darüber eine Kuppel, die uns von den Urfluten trennt. Gott konnte jederzeit die Erde überfluten und tat es bei der Sintflut. Furcht vor dem Zorn Gottes war damals das Thema. Furcht vor den Folgen unseres Tuns ist es heute.
"Wetter ist ohne Klima nicht denkbar"
Ich sauge deswegen gute Nachrichten auf. In Deutschland wurden letztes Jahr fast vier Gigawatt erneuerbare Energien mehr aufgebaut als geplant. Die Philippinen schützen ihre Küsten mit Mangrovenwäldern und in Uganda soll Brennholz durch Solarenergie ersetzt werden. Die kirchlichen Hilfswerke unterstützen solche Programme an der Basis weltweit, auch die Sternsinger, die jetzt von Haus zu Haus ziehen.
Ich glaube nicht, dass ich irgendwann wieder Wetter ganz ohne Klima denken werde. Aber ich hoffe, dass die Menschheit sich einmal erinnern kann. Daran, dass sie gemeinsam eine schlimme Katastrophe verhindert und eine echte Wende eingeleitet hat. Umkehr, sagen religiöse Menschen dazu.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.