Kolumne: "Gute Nachrichten sammeln tut der Seele gut"
Sich eine Weile nur auf Gutes in der Welt zu konzentrieren, heißt nicht, unsolidarisch zu sein mit Menschen, die unter Krieg oder Hunger leiden. Vielmehr schenkt das Abschalten der eigenen Solidarität wieder neue Kraft.
Nein, es würde mir nicht schwerfallen, hier Meldungen zu nennen, die mich traurig, besorgt oder wütend machen. Aber ich mache gerade Urlaub. Urlaub von schlechten Nachrichten. Meine Seele braucht das manchmal.
Dann sammle ich gute Nachrichten und nehme um mich herum möglichst nur schöne Dinge wahr. Wie friedlich im Bus Menschen verschiedener Hautfarbe, alte und junge Menschen zusammensitzen und wie viel Spaß die Kinder im Freibad haben. Ich freue mich über den Zusammenhalt im Sportverein, wo wir zu klein gewordene Trikots an Jüngere weiterreichen.
"Um mich herum geschieht viel Gutes"
Ich lese von dem Australier Tim Shaddock und seiner Hündin Bella. Sie trieben monatelang schiffbrüchig auf hoher See und wurden jetzt gerettet. Ich höre, dass Deutschland seine Ausbauziele für Solarenergie bislang deutlich übertrifft und China seine Ausbauziele für erneuerbare Energien vier Jahre früher erreichen wird als geplant. Die größten deutschen Supermarktketten haben sich verpflichtet, bis zum Jahr 2030 Lebensmittelabfälle um 30% zu verringern.
Auch Solidarität braucht Erholung
Es gibt sie, die guten Nachrichten. Es stimmt, dass um mich herum viel Gutes geschieht. Mich eine Weile darauf zu konzentrieren, heißt nicht, unsolidarisch zu sein mit denen, die im Krieg in der Ukraine leiden oder die hungern. Für deren Leid offen zu sein und mit meinen Möglichkeiten etwas zu tun, kostet Kraft. Deshalb braucht auch Solidarität Erholung, Regeneration. Den Blick auf das Gute und Heilende. Mir geht es da wie einem Sportler: Auf Phasen der hohen Belastung müssen immer Phasen der Regeneration folgen. Der gute Ausgleich zwischen Belastung und Erholung bringt einen weiter als pausenlose Belastung.
Nach der Erholung werde ich wieder neue Kraft haben, neue Offenheit für Menschen, denen es schlecht geht, mehr Konzentration auf das, was ganz und gar nicht gut läuft in meiner Umgebung und der Welt. Davon werde ich dann auch wieder in der Radiokirche erzählen. Jetzt aber mache ich erst einmal Urlaub. Urlaub von schlechten Nachrichten.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.