Der Comedian und Musiker Jan-Christof Scheibe © Jan-Christof Scheibe
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AUDIO: Gott und die Welt mit Jan-Christof Scheibe (10 Min)

Jan-Christof Scheibe: "Der Himmel kann noch ein bisschen warten"

Stand: 15.10.2024 11:50 Uhr

Jan-Christof Scheibe ist Comedian, Musiker und Leiter des Ü-70 Chores "Heaven Can Wait" in Hamburg. Senioren singen Songs aus den Charts. Dabei erleben sie ein neues Gemeinschaftsgefühl und die Nähe zur Enkelkindergeneration.

Welche Grundidee verfolgen Sie mit dem Chor?

Scheibe: Wenn man dem anderen zuhören möchte, dann muss man auch versuchen, sich mit der Kultur des anderen auseinanderzusetzen. Und deswegen habe ich gedacht, es wäre toll, wenn man ältere Menschen mal dazu bringt, sich mit Rap, Pop und Dance auseinanderzusetzen. Und was passiert, wenn die das tatsächlich auch performen …

Was ist dabei passiert - hat es dann Kontakt zwischen den Senioren und der Enkelkindergeneration gegeben?

Scheibe: Also, erstens hat das ein bisschen gedauert, bis die sich wirklich darauf eingelassen haben und für sich selbst einen Zugewinn gesehen haben. Irgendwann haben sie angefangen, zur Musik von Peter Fox zu tanzen und auch fröhlich mitzusingen. Später haben sie es mit Freude gesungen. Und dann gab es unser erstes Konzert - und da waren alle ganz überrascht, wie toll das ankommt.

Wie kommt der Titel zustande? "Heaven Can Wait" ist ja auch ein Songtitel. Aber was hat das mit dem Projekt zu tun, warum kann der Himmel warten?

Scheibe: Damals saßen wir im St. Pauli Theater mit Thomas Collin, der damals der Intendant des Theaters war, zusammen. Der ist wahnsinnig gut im Namen erfinden. Und nachdem Leute ab 70 Jahren junge Lieder singen, fiel ihm "Heaven Can "Wait" ein. Einen super Titel fand ich - gibt es für eine schönere Botschaft für ältere Menschen, indem man sagt, der Himmel kann noch ein bisschen warten?

Es ist auch ein sehr therapeutisches Projekt, in dem Sinne, dass es sehr berührt und Emotionen freigesetzt hat. Also ich erinnere mich an eine Szene mit einer Sängerin, die gesagt hat, sie hat sich tatsächlich noch nie so frei gefühlt und noch nie so gelebt hat, wie jetzt …

Scheibe: Da sind verschiedene Aspekte. Das eine ist, dass bei den Sängerinnen und Sängern des Chores durch diese Arbeit tatsächlich ganz viel entstanden ist. Menschen in diesem Alter sind oft vereinsamt, das heißt, die gehen nicht mehr so viel raus, die treffen nicht mehr so viele Leute. Und auf einmal hast du einen Kreis von Gleichgesinnten, die alle an einem Strang ziehen und gemeinsam etwas riskieren. Und das zweite ist, dass man sein Leben nochmal bereichert - mit einer Zutat, die es vorher nicht gab. Und für diese Erfahrung bin ich sehr dankbar. Es gibt nichts Schöneres, wenn ältere Menschen sich öffnen.

Wie hat sich das Projekt auf ihr eigenes Leben ausgewirkt?

Scheibe: Ich habe viel gelernt: dass man auf verschiedene Arten und Weisen altern kann, dass man sich über die Dysfunktion des Körpers ärgern kann. Oder dass man eben sagt, okay, das ist jetzt so und das akzeptiere ich. Aber ich sehe eben noch ganz andere Dinge, die das Leben lebenswert machen.

Sie haben nicht nur das Thema Altern in den Fokus ihrer Arbeit gestellt, sondern auch das Thema Weltreligionen.

Scheibe: Das war wirklich ein Ausreißer, den ich gemacht habe, weil mich das Thema immer wahnsinnig interessiert hat. Wie gehen Menschen mit Religion um und wie viele verschiedene Wege gibt es zum gleichen Ziel.

Sie sind der Enkel von zwei Pastoren gewesen und in einem christlichen Kontext aufgewachsen. Ihr Vater ist Kirchenmusiker gewesen. Das heißt, Sie sind mit christlichen Ritualen vertraut?

Scheibe: Absolut. Ich war für viele Jahre Backstage in der christlichen Kirche und das hat mir auch viel gegeben. Von daher habe ich nach wie vor ein Interesse, wie es dem Verein geht.

Es ging Ihnen auch um eine Klärung. Was glaube ich wirklich, was kann mir überhaupt Halt geben … Was haben Sie gefunden, von dem Sie sagen würden, das ist mein Glaube?

Der Comedian und Musiker Jan-Christof Scheibe © Jan-Christof Scheibe
Die Goldene Regel ist für Jan-Christof Scheibe ein Schritt in Richtung eines glücklichen Lebens.

Scheibe: Ich habe verschiedene Dinge gefunden. Es gibt tatsächlich viele Dinge, die allen Religionen gemeinsam sind. Zum Beispiel diese berühmte Goldene Regel: behandle deinen Nächsten wie dich selbst. Das hat Jesus gepredigt und ist tatsächlich in allen anderen Religionen zu finden. Und ich glaube, das ist ein Schritt in Richtung glückliches Leben.

Spielt der Gottesgedanke für sie eine Rolle?

Scheibe: Die Frage ist ja, wie man Gott definiert. Definiere ich Gott als etwas Lenkendes, dann würde ich sagen, es spielt für mich keine Rolle, weil ich keine Lust habe, gelenkt zu werden. Aber wenn es darum geht zu sagen, es gibt ein einen Spirit, es gibt eine Grundidee, der man folgen kann und die sich positiv für dich und für andere auswirkt, dann würde ich sagen, dann glaube ich an Gott.

Das Interview führte Susanne Richter. Redaktion: NDR

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Gott und die Welt - der Podcast | 19.10.2024 | 08:25 Uhr

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