Wiener Würstchen mit Senf in einem Brötchen © Fotolia Foto: Sjuefraphoto

Fasten war nicht immer in Mode

Stand: 11.03.2025 09:45 Uhr

Genuss oder Verzicht: Um die Freiheit, etwas zu tun oder zu lassen ging es Reformatoren wie Martin Luther oder Huldrych Zwingli. Das Züricher Würstelessen hat einen ähnlichen Stellenwert wie Luthers Thesenanschlag.

von Oliver Vorwald

Keine Thesen, kein Hammer, sondern geräucherte Mettenden: In der Schweiz beginnt die Reformation kulinarisch. Es geschieht an einem Fastensonntag im März 1522 in Zürich, zwölf Männer kommen abends zum Würstelessen zu Tisch. Mit dabei der Priester Huldrych Zwingli. Die Obrigkeit ruft "Frevel", schließlich ist der Fleischverzehr bis Ostern untersagt. Zwingli isst zwar keinen Bissen, heißt aber das Fastenbrechen in einer Predigt gut "evangelisch". "Von Fryheit der Spysen” gilt als erste protestantische Schrift von Zwingli.

"Willst du gerne fasten, [das Fleisch nicht essen,] tu es, [iss es nicht]. Aber lass mir dabei den Christenmenschen [ihre] Freiheit." Aus "Von Fryheit der Spysen" von Huldrych Zwingli

Huldrych Zwingli wird zum Reformator der Schweiz

Das Zürcher Würstelessen hat Folgen. Es gibt Nachahmer und Huldrych Zwingli wird zum Reformator der Schweiz. Er stammt aus einer kinderreichen Bauernfamilie. Er ist begabt, darf zur Lateinschule, studiert, wird Priester. Ähnlich wie Luther macht auch Zwingli ein befreiendes Bibelerlebnis, das seinen Glauben verändert. Was nicht vom Evangelium gedeckt wird, lehnt er ab. Zwingli lässt die Bilder aus den Kirchen schaffen. Und er heiratet, weil er den Zölibat für hinfällig erachtet (1524). Er lässt das Schul- und Kirchenwesen neu ordnen. Es entsteht eine umfangreiche Armenfürsorge. Und dann wäre da noch die "Züricher Bibel". Zwinglis Übersetzung des Alten und Neuen Testaments erscheint sogar fünf Jahre vor der Gesamtausgabe von Mar-tin Luther.

1531 bricht in der Schweiz ein Religionskrieg aus. Zwingli wird gefangen genommen und hingerichtet. Aber seine Gedanken leben weiter, prägen die Reformierte Kirche, ihre Gemeinden von Basel, Bützow bis nach Boston.

"Ein Christ sein heißt nicht, von Christus zu schwätzen, sondern ein Leben zu führen, wie er es geführt hat." Huldrych Zwingli

Wurst als Symbol evangelischer Freiheit

Mettwürste statt Hammerschläge. Irgendwie sympathisch und sogar spirituell. Das Züricher Würstelessen hat für die Eidgenossen einen ähnlichen Stellenwert wie Luthers Thesenanschlag in Deutschland. Das Fastenbrechen vom März 1522 gilt in der Schweiz und für die reformierten Gemeinden als Symbol für die Glaubensfreiheit.

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Ein dunkler Teller mit einer Scheibe Brot, daneben Messer und Gabel und ein Glas Wasser © colourbox Foto: Sabine Mederer

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | 15.03.2017 | 09:15 Uhr

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