Aufgetürmte Steine vor einem Sonnenuntergang an der Ostsee. © Christian Ravenstein Foto: Christian Ravenstein

Ein Moment des Friedens im allgemeinen Chaos

Stand: 18.02.2025 10:00 Uhr

Auch im Chaos können Menschen Momente der Ruhe und des Friedens erleben. In diesen Augenblicken der Stille ist es möglich, klarzusehen und Vertrauen zu fassen. Julia Atze erlebt das bei einer Taufe.

von Pastorin Julia Atze

Leo ist drei Jahre alt. Er hält das Leben seiner Familie ganz schön auf Trab. Meines auch für kurze Zeit, denn ich soll ihn taufen. Bei unserem Taufgespräch in meinem Büro geht es wild zu. Zum Glück gibt es viele Spielsachen. Leo reitet auf dem Schaukelpferd, dann baut er einen Turm aus Bauklötzen, wirft ihn um, spielt am Puppenherd und - schwups - sitzt schon wieder auf dem Schaukelpferd. Dann will er malen. Ich gebe ihm Stifte und Papier. Erst am nächsten Tag sehe ich, dass Leo nicht nur auf dem Papier gemalt hat, auch der Tisch und die Wand haben kleine Gemälde abbekommen.

Dann kommt der Tag von Leos Taufe. Schick gemacht steht er vor mir, stolz trägt er seinen Anzug. "Heute werde ich getauft", sagt er mir strahlend. Wie zu erwarten, sitzt er während des Gottesdienstes keine Sekunde still. Er läuft im Altarraum hin und her, von Mama zu Oma zu Papa und zurück zu Mama. Am Taufbecken habe ich einen kleinen Hocker aufgestellt, damit Leo ins Taufbecken hineinschauen kann. Er klettert auf den Hocker, wieder herunter, wieder hinauf, hält sich am Taufbecken fest, fällt fast hinunter, aber zum Glück nur fast.

"Ein Moment der Ruhe und des Friedens im Chaos"

Dann kommt der Moment seiner Taufe. Ich bin auf alles gefasst. Aber es kommt ganz anders als gedacht: Leo klettert wieder auf den Hocker - und steht ruhig und erwartungsvoll da. Ich taufe ihn, gieße dreimal Wasser über seinen Kopf und sage: "Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes." Leo steht andächtig da und lässt sich von mir taufen. Ein Moment der Ruhe und des Friedens in allem Chaos drumherum.

Solche Momente muss ich mir immer wieder vor Augen führen, wenn ich im Durcheinander der Welt mal wieder nicht weiß, was richtig und was falsch ist, wo oben und wo unten ist. Ja, die Zeiten sind stürmisch und wild, beängstigend und unübersichtlich. Aber auch im größten Chaos gibt es Momente der Ruhe und des Friedens, die mich klarsehen lassen und mir Mut machen: nur gemeinsam und mit Vertrauen kommen wir da durch - auch wenn wir manchmal miteinander ganz schön viel aushalten müssen. Leo hat mir das mal wieder bewiesen.

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