Christentum und Kirche - Weniger Regeln, mehr Herz
Wer sich die katholische Kirche anschaut, könnte sich fragen, ob nicht manchmal die Institution der Botschaft Jesu im Weg steht? Wäre weniger Kirche vielleicht eine Chance für mehr Handeln im Geiste Jesu?
Weniger Kirche gibt es heute schon, denn viele Menschen sind ausgetreten. Und es gibt Theologen wie Jürgen Werbick aus Münster, die sind davon überzeugt: Es ist an der Zeit, den persönlichen Glauben zu befreien von der Kirche. Von diesem Glaubens- und Verwaltungssystem, das Menschen vor allem bewahren will, sich selbst dabei aber für unverzichtbar hält.
Kirche ist rettungslos in sich selbst verstrickt
Über Jahrhunderte war die Kirche erfolgreich darin, genaue Regeln für den Glauben zu erlassen und Glaubenden Furcht und Hoffnung zu verkaufen: Furcht vor der Hölle, Hoffnung auf das Paradies. Damit das möglich war, hat sie den Menschen ständig ein schlechtes Gewissen bereitet, dank ihres detaillierten Sündenkataloges. Das funktioniert heute nicht mehr - was für ein Machtverlust. Zurück bleibt eine Kirche, die für viele rettungslos verstrickt ist in sich selbst. Dabei oft weit entfernt vom Handeln Jesu.
Jürgen Werbick titelt "Christentum - kann das weg?"
Angesichts dieser Situation fragt der Münsteraner Theologe Jürgen Werbick: "Christentum - kann das weg?" In seinem gleichnamigen Buch weist er darauf hin, dass die Lehrsätze der Kirche heute immer weniger Menschen etwas sagen. Christentum, das sind für viele Getaufte keine Dogmen von gestern, das sind die sozialen und humanen Werte Nächstenliebe und Solidarität. Jesus hat sie gelebt. Und Christen glauben: Er war der Sohn Gottes, der Gott mittendrin, kein Herrscher. Die Menschen waren ihm nicht gleichgültig. Jesus hat auf unüberbietbare Weise gezeigt: Wir gehen einander etwas an. Und so unscheinbar das erscheint, das darf nicht weg. Auf keinen Fall. Es ist der Stachel in unserem Fleisch und unterbricht das unheilvolle "Weiter so".
Kirche braucht ein aufmerksames Herz
Gottes guter Wille geschieht jetzt, wenn Menschen sich ihm öffnen und Unglaubliches vollbringen, weil sie andere im Blick haben. Dafür braucht es keine Kirche, nur ein aufmerksames Herz, das Menschen zum Handeln bewegt. Also, der Glaube kann nicht weg. Wenn es um die Kirche geht, wie sie heute ist, fällt die Antwort nicht so eindeutig aus.