An Heiligabend muss niemand alleine sein
Pastorin Julia Atze weiß, dass Einsamkeit nicht von selbst weggeht. Man muss aktiv auf andere zugehen. Kirchengemeinden wie – auch der Michel – bieten Unterstützung besonders zu Weihnachten an.
Mit 17 war ich für ein Jahr in den USA als Austauschschülerin. Ich kam in eine Stadt in Kalifornien. Meine Gastfamilie war sehr klein: eine alleinstehende ältere Dame mit vielen Hobbys und Verpflichtungen, ständig unterwegs. Da ich ja noch niemanden kannte, war ich viel allein in meinem Zimmer in ihrem kleinen Reihenhaus. Damals habe ich mich zum ersten Mal in meinem Leben einsam gefühlt. Ich wusste mit der vielen Zeit mit mir selbst nichts mehr anzufangen. Nichts machte mir Spaß – weil ich keine Wahl hatte. Ich musste mich alleine beschäftigen. Ich hatte mir das nicht ausgesucht.
Man muss auf andere zugehen, auch wenn das nicht immer leicht ist.
Zum Glück fing dann ein paar Wochen später die Schule an, ich lernte neue Menschen kennen und die einsamen Zeiten wurden weniger. Einsamkeit kann durch ganz unterschiedliche Umstände entstehen. Wenn sich im Leben etwas radikal ändert – wie ein Umzug oder ein Todesfall. Einsamkeit kann sich aber auch einschleichen und langsam ausbreiten.
Meine Erfahrung ist: von alleine geht Einsamkeit nicht weg. Es muss etwas passieren. Wenn ich Glück habe, kommt jemand auf mich zu. Aber meistens muss ich mich selber bewegen – auf andere zu. Das ist nicht leicht, aber auch nicht so schwer wie es vielleicht scheint. Denn es gibt viele Einrichtungen und Veranstaltungen, die einem dabei helfen. Kirchengemeinden zum Beispiel. Da kann man sich ehrenamtlich engagieren, Gottesdienste und Veranstaltungen besuchen – gerade an Tagen und zu Zeiten, in denen die Einsamkeit besonders groß ist: zu Weihnachten.
Es gibt Angebote gegen die Einsamkeit zu Weihnachten
Am Michel gibt es am Heiligabend unter dem Motto „An Heiligabend muss niemand alleine sein“ am Nachmittag ein weihnachtliches Beisammensein. Da wird es richtig festlich, es kommen Alte und Junge, es gibt Kaffee und Kuchen, Geschichten und wunderbare Musik. Und danach gehen alle gemeinsam zum Gottesdienst in den Michel. Was man dafür tun muss? Wirklich nicht viel: Sich anmelden und kommen. Mehr nicht.