Sendedatum: 30.09.2014 21:15 Uhr

Illegale Müllentsorgung in Emlichheim?

von Jörg Hilbert & Nils Naber

Es ist Ende letzten Jahres, als ein anonymer Hinweis bei den Behörden eingeht. Bei den Bauarbeiten zu einer Fleischfabrik in Emlichheim sollen im Fundament tausende Tonnen HMV-Asche, auch Schlacke genannt, verbaut worden sein - illegal. Der Bau der Fleischfabrik wird gestoppt, die Staatsanwaltschaft beginnt wegen illegaler Abfallentsorgung zu ermitteln.

Doch woher kommt die Asche? Sie ist nur wenige hundert Meter weiter entstanden, in der Müllverbrennungsanlage EVI Abfallverwertung. Auch diese liegt direkt an der deutsch-niederländischen Grenze in dem grenzübergreifenden Gewerbegebiet Europark. Die Betreiber der Müllverbrennungsanlage lassen unsere Fragen unbeantwortet.

VIDEO: Illegale Müllentsorgung in Emlichheim? (6 Min)

Ascheberge wachsen

2008 wurde die Müllverbrennungsanlage eröffnet. 2012 wurde die Kapazität der Anlage dann sogar noch erweitert, auf eine Verbrennungskapazität von 455. 000 Tonnen. Seit 2011 liefert die Anlage die HMV-Asche an das Ascheaufbereitungsunternehmen Dollegoor GmbH. Dort türmt sich die Asche auf bis zu 15 Meter hohen Aschebergen, sagen die Mitglieder einer Bürgerinitiative.

Mehrfach verhängt das zuständige Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück zwischen 2012 und 2014 Bußgeldbescheide gegen Dollegoor, weil dort viel zu viel Asche gelagert wurde. Insgesamt über 44.500 Euro. Das geht aus einer Kleinen Anfrage hervor, die von mehreren Landtagsabgeordneten von SPD und B‘90/Grüne gestellt wurde. 61.000 Tonnen dürfen eigentlich auf dem Gelände gelagert werden. Laut Medieninformationen soll dort zeitweise mehr als doppelt so viel HMV-Asche gelegen haben. Das Unternehmen Dollegoor beantwortet unsere Fragen ebenfalls nicht. Mittlerweile liefert EVI Abfallverwertung die Asche an ein Unternehmen in Nordrhein-Westfalen.

Zu viel Müll, zu viel Asche

Offenbar suchte Dollegoor nach einer bequemen Möglichkeit, um die Asche los zu werden Die Asche wurde einfach verbuddelt. Erst ein anonymer Hinweis rief die Behörden auf den Plan: In der Fleischfabrik soll Asche verbaut worden sein. In einem begrenzten Umfang darf Asche aus Müllverbrennungsanlagen als Baustoff genutzt werden, die Auflagen dafür sind allerdings sehr streng geregelt. Zu groß ist beispielsweise die Gefahr, dass Asche das Grundwasser verunreinigt. In Emlichheim schauten die Behörden nun genau hin und wurden fündig: Bei Wasserbecken, bei einem Betonmischwerk, in der Fleischfabrik - hier soll überall illegal Asche verbaut worden sein.

Umwelt-Staatssekretärin Almut Kottwitz und Landrat Friedrich Kethorn stehen an der Müllverbrennungsanlage im Europark. © NDR Foto: Claus Halstrup
Umwelt-Staatssekretärin Almut Kottwitz räumt ein, dass die Behörden früher hätten handeln müssen.

Insgesamt sind knapp 200.000 Tonnen an fünf unterschiedlichen Stellen auf der deutschen Seite des Europark illegal vergraben, so Berechnungen der Behörden. Heute machte sich die zuständige Staatssekretärin aus dem niedersächsischen Umweltministerium ein Bild vor Ort. Almut Kottwitz (B‘90/Grüne) räumte ein, dass die Behörden früher hätten handeln müssen. "Hier hat eine Firma eine Sauerei hinterlassen und es ist nicht rechtzeitig von den Behörden eingegriffen worden, nicht so rechtzeitig, dass wir gesagt haben, jetzt ist aber Schluss."

Auf der niederländischen Seite des Europarks wurde ebenfalls Asche vergraben. Grundwasseruntersuchungen ergaben hier erhöhte Werte von Chloriden und Bromiden. Der Kommunalpolitiker Kor Roossien forderte gegenüber Reportern von Panorama 3, dass die Asche auch auf der deutschen Seite endlich ausgebuddelt werden solle. Doch Staatssekretärin Kottwitz sieht keinen akuten unmittelbaren Handlungsbedarf, das Grundwasser in Deutschland sei im Moment nicht gefährdet - ganz im Gegensatz zu dem der Niederländer, so die Politikerin. Denn dort fehle zwischen Erde und Asche eine Folie, um das Grundwasser vor der Asche zu schützen. In Deutschland würde das Grundwasser durch eine Folie unterhalb der Asche geschützt. Doch eine langfristige Gefährdung können die Behörden nicht ausschließen. Auch hier müsse saniert werden. Ein Konzept dafür wollen die Behörden nun erarbeiten. Für die Bürger ist klar: Es muss gehandelt werden. Sie fordern, dass eine Gefahr für Mensch und Umwelt dauerhaft ausgeschlossen wird.

 

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 30.09.2014 | 21:15 Uhr

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